Dienstag, 30. Mai 2006

Brillenreparatur

Als Brillenträger ist es ein der schlimmeren Vorstellungen, dass einem die Brille im Ausland kaputt geht - v.a. wenn man keine Ersatzbrille dabei hat, was man aber als vorsichtiger Schweizer immer tun sollte, ich aber eben nicht getan habe... Nun, als letztes Wochenende meine kleine Tochter mit meiner Brille spielte während meines Mittagsschlafs, ist dieser "Worst Case" eingetreten. Zum Glück hatte ich ja noch eine korrigierte Sonnenbrille dabei, aber auf die Dauer ist das bei schlechtem Wetter, in der U-Bahn hunderte von Metern unter dem Boden oder im Büro auch keine wirklich zufriedenstellende Lösung...

Am Montag musste also eine wirkliche Lösung gefunden werden. Mit einem Freund, der sich sehr gut in Kiew auskennt, gingen wir an einen Platz im Stadtzentrum, wo es mehrere Optikergeschäfte gibt. Interessant, dass sich diese Geschäfte in Kiew an einem Platz bündeln... Im ersten Optikergeschäft wurde uns gesagt, dass sie keine Reparaturen von Brillen machen – sprich sie wollten mir lieber eine neue verkaufen. Wir gingen ins zweite Geschäft, wo wir die gleiche Antwort bekamen. Aber da wir nun schon einmal da waren, schaute ich ein paar Brillengestelle an. Die Preise waren absolut mit der Schweiz vergleichbar, wenn nicht sogar teurer. Und vergleicht man mit "Fielmann"-Preisen, so waren die Preise sogar happig! Mir wurde es langsam flau zumute. Eine nette Verkäuferin erbarmte sich und gab uns den Tipp, dass es gleich nebenan einen professionellen Brillenreparatur-Service gibt.

Dieser "professionelle" Service befand sich direkt nebenan in einem schmuddeligen, herunter gekommen Treppenhaus in einem Hauseingang. Es warteten schon drei Leute vor uns und es wurde uns mitegeteilt, dass der "Service" erst in 20 Minuten öffnet. Also gingen wir vorerst mal einen Kaffee trinken. Nach 20 Minuten waren wir wieder dort und eine kleine Luke öffnete sich auf etwa 1 Meter Höhe wo sich ein alter Mann dahinter befand, dem man gebückt die Brille zur Untersuchung geben musste. Da das Brillengestell ausgerechnet an der empfindlichsten Stelle, nämlich an der Halterung des Bügels, gebrochen war, musste auch der Experte passen. Er gab uns aber den Tipp, in einen Fabrikladen zu gehen, wo es spezialisierte Feinmechaniker gebe, die dies vielleicht reparieren können.

Wir fuhren zu diesem Fabrikladen gleich neben dem Hauptbahnhof von Kiew, der sich in einem herunter gekommenen 70-er Jahre Bau mit absolutem Sowjet-Charme (sprich Mief) befand. In einer düsteren Halle mit seltsamen Deckenverzierungen und dunklen Holzverkleidungen gab es mehrere Stände, wo man alles mögliche, also Schmuck, Uhren, und eben Brillen, reparieren konnte.

Der Meister mit den "goldenen Händen" schaute sich das Ganze kurz an, setzte die Lupe auf und nahm einen Miniatur-Lötkolben und reparierte die in der Schweiz nicht reparierbare Brille in 15 Minuten in akribischer Feinarbeit absolut professionell und nicht einmal sichtbar. Kostenpunkt: 5 Franken! Aber dies auch nur, weil ich mich nicht als Ausländer zu erkennen gab... Ich war total begeistert und konnte mein Glück kaum fassen. So etwas wäre in der Schweiz nie möglich gewesen. Und natürlich war ich meinem Freud sehr dankbar, ohne den ich dies alles nie hätte machen können.

Sonntag, 28. Mai 2006

Unterwegs im Podol-Quartier

Wie schon letztes Wochenende angetönt, als wir den Andreas-Stieg besucht haben, wollten wir das Podol-Quartier, das alte Handels- und Hafenquartier von Kiew, besuchen.


Hauptstrasse im Podol-Quartier


Das Podol-Quartier war schon zu Zeiten des Kiewer-Rus das Hafen- und Handelsquartier von Kiew. Dabei ist das Quartier eigentlich eine Vorstadt, lag vor den Toren des alten Kiews und war somit nicht nur vor Angriffen ungeschützt, sondern es drohte auch immer wieder vom Dnjepr-Fluss überschwemmt zu werden.


Alte Häuserfront im Podol-Quartier


Das Quartier ist bis heute das Hafenquartier von Kiew geblieben. Noch heute ist der Dnjepr-Fluss eine wichtige Verkehrsachse der Ukraine und verbindet Kiew mit dem Schwarzen Meer und somit der Welt.


Altes Haus im Podol-Quartier


Im Gegensatz zur mondänen und grosszügig gebauten oberen Stadt hat es im Podol-Quartier viele kleine, alte Häuser und kleine Restaurants, ja sogar Pizzerias. Die Hauptstrasse wird am Wochenende für den Verkehr gesperrt und verwandelt sich in eine Flaniermeile.


Der Hauptplatz des Podol-Quartiers ist der Kontraktovaya Platz, d.h. der Platz wo die Verträge abgeschlossen wurden. Hoch über diesem Platz trohnt die Andreas-Kathedrale der oberen Stadt. Im Podol-Quartier lebten bis vor dem Zweiten Weltkrieg auch die meisten Juden von Kiew. Diese wurden aber bei einer beispiellosen Massenerschiessung (man spricht von 100'000 in drei Tagen) nach dem Einmarsch der Deutschen in der nahe gelegenen Baby Yar Schlucht getötet. Steven Spielberg hat sogar darüber einen Dokumentarfilm gedreht.


Dnjepr-Hafen von Kiew


Nach dem Kontraktovaya Platz komt man an den Hohen und Tiefen Wall, eine breite Strasse und ehemalige Befestigungsanlage, die an das grosse Hafenbecken von Kiew führt.


Ausfahrt aus dem Hafenbecken in den Dnjepr-Fluss


Das Hafenbecken ist ein separates, vom Dnjepr getrenntes Becken und ist wirklich sehr gross. Vermutlich ist so mancher Hochseehafen kleiner als der Flusshafen von Kiew...


Sankt Eliah Kirche



Sankt Nikolas am Quai Kirche


Natürlich dürfen auch im Podol-Quartier, wie überall in Kiew, die wunderschönen orthodoxen Kirchen mit den goldenen Kuppeln nicht fehlen...


Sowjetische Wandmalerei an einem Haus


Kiew ist auch eine Stadt der Gegensätze: In unmittelbarer Nähe der erwähnten Kirchen habe ich obige sowjetische Wandmalerei an einem Haus fotografiert, die ich Euch nicht vorenthalten wollte.


Restaurant "011"



Garten des Restaurants "011"


Natürlich haben wir auch in einem Restaurant im Podol-Quartier eingekehrt, dem Restaurant "011". Es hat eine sehr schönen Garten und Terasse und wir haben ein sehr gutes Schaschlik (=marinierter Fleisch-Spiess aus dem Kaukasus) gegessen.


Kirche zum Gedenken der verstorbenen Seeleute


Anschliessend sind wir auf einem Quai dem Dnjepr entlang spaziert. Hier haben wir eine neue Kirche gesehen, die zum Gedenken der verstorbenen Ukrainischen Seeleute errichtet wurde.


Dnjepr mit Brücke und Kreschtschatik Park im Hintergrund


Auf dem Quai hat man eine sehr schönen Ausblick auf den Dnjepr und den Kreschtschatik Park. Auf dem Quai flanieren am Sonntag sehr viele Leute und man sieht viele Ausflugsschiffe.


Flusshafengebäude für den Passagierverkehr


Schlussendlich gelangt man an den Flusshafengebäude für den Passagierverkehr. Von hier aus fahren grosse, 200 m lange Kreuzfahrtschiffe bis ins Schwarze Meer nach Odessa oder nach Yalta auf der Krim. Und von hier legen auch kleine Ausflugsschiffe für Rundfahrten rund um Kiew ab. Es herrscht ein reges Treiben am Hafen und wir werden sicherlich einmal eine Rundfahrt von hier aus machen!

Endlich Nummer 1 in Google

Seit Ende dieser Woche ist nun endlich "Mein Kiew Blog" die Nummer 1 in Google, wenn man als Suchkriterium "Kiew Blog" eingibt (siehe Screenshot und Link unten).

Dies bedeudet auch, dass Ihr Euch nicht mehr die URL (=Internetadresse) http://meinkiew.blogspot.com/ merken müsst, sondern ganz einfach auf Google gehen und dort "Kiew Blog" eingeben könnt.


Google Scereenshot mit Suche nach "Kiew Blog"

  • Google Suche nach "Kiew Blog": Link

Kiew Tag

Heute ist der Kiew Tag. Jede Stadt in der Ukraine hat einen eigenen Feiertag zu Ehren der jeweiligen Stadt. In Kiew ist dieser Feiertag immer am letzten Wochenende im Monat Mai. Der Tag wird gefeiert mit vielen Konzerten in der Stadt und Feuerwerken am Samstag- und Sonntagabend, vergleichbar mit dem "Zürifäscht" in Zürich.


Wappen der Stadt Kiew


Das Wappen der Stadt Kiew ist ausserdem die Abbildung des Erzengels Michael, zu dessen Ehren auch die Sankt Michaelskathedrale erbaut wurde.

Samstag, 27. Mai 2006

Die ukrainische Aktienbörse

Bekanntlich ist je mein Beruf hier in Kiew Aktienanalyst für die ukrainische Börse. Nun, da ihr vermutlich alle die ukrainische Aktienbörse nicht wirklich kennt (alles andere würde mich überraschen...), möchte ich Euch diese kurz in ein paar Worten etwas näher bringen.


Entwicklung des ukrainischen Aktienbörsenindexes PFTS seit 2005


Die Ukrainische Aktienbörse entstand schlussendlich aus der Privatisierung von sowjetischen Kombinaten in den 90-er Jahren. So wirklich als Aktienbörse hat sie sich aber erst in diesem Jahrzehnt entwickelt. Im Gegensatz zur Schweiz, wo die Branchen Banken, Versicherungen und Chemie die Börse dominieren, sind es in der Ukraine die Branchen Metallurgie (Stahl & Kohle), Elektrizitätswerke, fossile Brenstoffe (Erdöl und Gas) und Maschinenbau.

Natürlich sind die Umsätze an der Ukrainischen Aktienbörse PFTS (=Erstes Ukrainisches Handelssystem) sehr viel tiefer als in der Schweiz. Man darf aber auch nicht vergessen, dass die Schweizer Börse die achtgrösste Börse der Welt ist! Neben der dominierenden ukrainischen Aktienbörse PFTS gibt es auch noch verschiedene regionale Aktienbörsen.

Interessant für mich hier ist die Tatsache, dass es erst etwa 20 Analysten der hiesigen Aktienbörse gibt! Im Vergleich dazu gibt es vermutlich rund 500 Analysten in der Schweiz und rund 200 für Russland... Aber dementsprechend muss man hier auch noch eine richtige Aufbauarbeit leisten!

Ebenso klar ist, dass ich hier meine Analyseberichte in englischer Sprache schreibe. Anschliessend werden sie von Kollegen in's Russische übersetzt. Obwohl in der Ukraine das Ukrainische die einzige offizielle Landessprache ist (obwohl rund 70% Russisch sprechen...), wird in der Wirtschaft ausschliesslich Russisch gesprochen.

Ein Resultat meiner Arbeit sind wöchentliche Kommentare über die ukrainische Aktienbörse. Ich werde Euch in Kürze den Link zu diesen Berichten hier veröffentlichen.
  • Website der wichtigsten ukrainischen Börse PFTS (E): Link
  • Verzeichnis der im Ausland gehandelten Aktien (ADR, E): Link
  • Website eines grossen ukrainischen Aktienbrokers (E): Link

Nationalgetränk Kvas

Auch wenn viele denken, dass der Wodka das ukrainische respektive russische Nationalgetränk ist, so bin ich doch entschieden der Meinung, dass es "Kvas" ist. Doch was ist Kvas? Das Wort per se bedeutet so viel wie „saurer Trank“. Prinzipiell ist Kvas mit "Vitamalz" vergleichbar, wenn es auch von der Tradition her viel älter ist. Kvas wird aus Schwarzbot hergestellt. Da ich Kvas schon mal selbst hergestellt habe, kann ich Euch im Detail erklären, was es genau ist.


Verkauf von Kvas in einem typischen Zisternenwagen


Vorweg, es schmeckt viel besser als es tönt und es beinhaltet KEINEN Alkohol! Grundsätzlich benötigt man zur Herstellung von Kwas Schwarzbrot, Wasser und Hefe. Getrocknetes Schwarzrbrot, aufgelöst in Wasser und unter Zugabe von Hefe wird zuerst gekocht. Anschliessend lässt man diese Masse abkühlen und filtert die groben Stoffe heraus. Dann wird die Restmasse nochmals gekocht, gefiltert und abgekühlt. Aber natürlich gibt es für die richtige Zubereitung des Kvas' hundert verschiedene gute Rezepte! Für den Genuss wird Kvas dabei auf rund 5 Grad abgekühlt - es ist ein typisches Sommergetränk und gilt als sehr gesund.


Ein Glas voll frischem Kvas

Kvas kann man in der Ukraine an jeder grösseren Strassenecke kaufen. Dabei wird Kvas in Zisternenwagen meistens von älteren Grossmüttern angeboten. Interessant ist, dass der Verkauf in der Ukraine respektive Kiew anscheinend monopolisiert ist: Bisher konnten wir nur Kvas von der Marke "Rosinka" auf offener Strasse kaufen! Aber natürlich erhällt man auch Kvas wie Coca Cola in jedem Lebensmittelgeschäft. Ich muss aber sagen, dass der "natürliche" Kvas aus dem Zisternenwagen von der Strasse doch um einiges besser schmeckt als derjenige aus dem Geschäft!

Ich persönlich finde Kvas sehr gut und erfrischend und kann den Genussvon Kvas jedem nur empfehlen, der die Möglichkeit dazu hat! Ehrlich gesagt musste ich aber zuerst auch ein paar Gläser Kvas trinken, bis ich auf den Geschmack gekommen bin...
  • Wikipedia über Kvas: Link

Freitag, 26. Mai 2006

Andreas-Stieg

Am letzten Sonntag haben wir den Andreas-Stieg (russ. Andrevskyj Spusk) besucht, eine steile Strasse, die das am Dnjepr-Ufer liegende alte Handelsquartier Podol mit der eigentlichen Kiewer Altstadt auf dem Berg, die es aber als solche ausser den Kirchen leider fast nicht mehr gibt, verbindet.


Barocke Andreas-Kathedrale


Der Name der Strasse und des angrenzenden Berges (=Andreas Berg) über dem Dnjepr-Ufer stammt vom Apostel Andreas. Der Legende nach war der Apostel Andreas im 1. Jahrhundert n. Chr. am Ort des heutigen Kiew vorbeigereist, also noch bevor es hier überhaupt eine Stadt gab. Er ist auf diesen Berg gestiegen, hat ein Kreuz aufgestellt und hat gesagt, dass an diesem Ort eine mächtige und wunderschöne Stadt entstehen wird.

Andreas gilt als der Apostel Kleinasiens, Konstantinopels und der Russen und ist auch der Nationalheilige von Russland. Seine Bedeutung für die orthodoxe Kirche ist vergleichbar – wenn auch nicht ganz so herausragend – mit der seines Bruders Petrus für die katholische Kirche.

Deshalb wurde hier auch 1749 - 1754 nach Plänen des italienischen Architekten Bartolomeo Rastrelli (Erbauer der berühmten St. Petersburger Eremitage) die Andreas-Kathedrale errichtet, die schönste im Ukrainischen Barock erbaute Kirche überhaupt. Sie ist 46 m hoch, 32 m lang, 23 m breit und steht auf einem 14 m hohen Sockel, dem sogenannten Stilobat. Von der Terasse auf dem Stilobat hat man einen wunderbaren Ausblick auf den Dnejpr und das Podol-Quartier.


Andreas-Stieg mit "Schloss von Richard Löwenherz" (Mitte)


Am Andreas-Stieg befinden sich viele Kunst-Galerien und auch viele bekannte Künstler leben heute noch an dieser Strasse. Daneben hat es auch sehr romantische, aber für Kiew sehr teure Resturants.


Romantisches Garten-Restaurant am Andreas-Stieg


Was mir als Schweizer, im Besonderen als Schaffhauser, natürlich sehr bekannt vorkommt, ist das Kopfsteinpflaster des Andreas-Stiegs. Dies ist zwar sehr schön und romantisch, aber etwas schwer mit dem Kinderwagen zu begehen, v.a. da die Kopfsteine viel grösser und grober als in der Schweiz sind...


Unterer Teil des Andreas-Stiegs


Während der Andreas-Stieg oben sehr steil ist und ich mich frage, wie man in den harten und verschneiten Wintern hier überhaupt Auto fahren kann (der Stieg ist leider NICHT für den Verkehr gesperrt), ist er unten beim Übergang in's Podol-Quartier etwas flacher.


Sankt Nikolas Kirche im Podol Quartier


Das am Dnjepr-Ufer gelegene alte Podol-Quartier war schon zu Zeiten des Kiewer Rus, also schon vor dem Jahre 1000, das Handelsquartier und die ausserhalb der Stadtmauern gelegene Vorstadt von Kiew. Bis vor dem Zweiten Weltkrieg lebten hier sehr viele Juden. Auch der Hafen von Kiew liegt im Podol-Quartier. Der Dnjepr war schon im Mittelalter eine wichtige Verkehrsachse, drohte aber auch das Podol-Quartier zu überschwemmen, und wird auch heute noch als Verkehrsachse genutzt.


Strasse im Podol Quartier


In den schmalen Strassen des Podol-Quartiers hat es ebenfalls viele gemütliche Restaurants und die Hauptstrasse des Quartiers wird am Wochenende für den Verkehr gesperrt. Wie man den Fotos ansieht, war es schon Abend, als wir dort ankamen, und da wir unsere kleine Tochter dabei hatten, mussten wir leider nach Hause gehen und konnten nicht einkehren. Wir haben uns aber vorgenommen, möglichst bald wieder dieses Quartier zu besuchen.
  • Wikipedia über den Apostel Andreas: Link

Mittwoch, 24. Mai 2006

Meine Lieblings-Eiscreme: Blombir

Bekanntlich machen ja gerade die kleinen kulturellen Unterschiede einen Aufenthalt in einem anderen Land so interessant. Über die Ukrainische Küche könnte ich dabei jetzt schon fast ein Buch schreiben und erhlich gesagt schmeckt sie mir wirklich sehr gut. Hier nun aber ein kleines, interessantes Fallbeispiel anhand von Eiscreme: Sehr beliebt in der Ukraine (und den anderen post-sowjetischen Ländern) ist die sogenannte Blombir Eiscreme. Diese ist dabei am ehesten mit unserer Vanille-Eiscreme zu vergleichen, hat aber einen viel neutraleren und weniger intensiven Vanille Geschmack und einen relativ hohen Fettanteil. Besonders interessant ist dabei, dass man Blombir nur im Plastikbeutel kaufen kann! Dies hat den Nachteil, dass wenn man etwas länger vom Einkaufen nach Hause hat, die ganze Einkaufstasche mit Eiscreme verschmiert werden könnte. Deshalb erhält man an der Kasse auch immer einen zusätzlichen Plastiksack... Natürlich kann man Blombir auch "pur" essen, Kenner essen Plombir aber mit Konfitüre. Ich bevorzuge dabei Erdbeer- oder Himbeerkonfitüre!


Blombir in Plastiksack, Konfitüre und eine zum Essen bereite Portion

GUAM Konferenz in Kiew

In den letzten paar Tagen hat in Kiew die Konferenz der GUAM-Staaten – Georgien, Ukraine, Aserbaidschan, Moldawien – stattgefunden. Diese Organisation ist den wenigesten Schweizern vermutlich bekannt. Die GUAM wurde nach der Orangen Revolution in der Ukraine und der Rosenrevolution in Georgien wieder aktiviert und ist eine Konkurrenzorganisation zur von Russland dominierten GUS (=Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, eigentliche Nachfolgeorganisation der Sowjetunion). Früher befand sich auch noch Usbekistan in dieser Organisation, weshalb der Name früher auch GUUAM war.


Das Ukrainische Aussenministerium, Konferenzgebäude der GUAM-Staaten in Kiew

Die Regierungen der GUAM-Staaten (mit Ausnahe der von Aserbaidschan) sind nach westlichen Standards demokratisch gewählt worden und widersetzen sich der Dominanz Russlands im post-sowjetischen Raum. Auch streben die meisten GUAM-Staaten einen EU- und NATO-Beitritt an. Das Erdöl-produzierende Aserbeidschan ist v.a. wegen seiner Konkurrenz im Rohstoffmarkt zu Russland in der GUAM. Die GUAM-Staaten haben nun am Dienstag eine eigene Freihandelszone in Kraft gesetzt und widersetzen sich dem von Russland geplantem Freihandelsraum, dem sogenannten Einheitlichen Wirtschaftsraum. Dieser Schritt könnte somit auch das Todesurteil für die sowieso immer unbedeutender werdende GUS sein.


Detailansicht des GUAM Konferenzgebäudes

Moskauer Aussenpolitiker bewerteten dies gemäss dem deutschen Handelsblatt als Kampfansage: "Tiflis, Kiew und Chisinau wenden Moskau demonstrativ ihren Rücken zu", erklärte zum Beispiel Valeri Bogomolow von Putins Partei Einheitliches Russland gegenüber RIA Novosti und sagte weiter: "Das sind politische Spiele gegen den gesunden Menschenverstand und gegen die Interessen der einfachen Bürger Russlands". Womit Moskaus Position für die Zukunft der GUAM klar definiert ist.

Bei einem Spaziergang am letzten Sonntag im Kiew sind wir zufällig am Tagungsgebäude der GUAM im Ukrainischen Aussenministerium am Michaelsplatz in Kiew vorbei spaziert. Natürlich musste ich diesen historischen Moment fotografieren...

  • Wikipedia über die GUAM: Link
  • Wikipedia über die GUS: Link

Dienstag, 23. Mai 2006

Kreschtschatik Boulevard

Der Kreschtschatik Boulevard ist der Prachtboulevard von Kiew und gilt als das heutige Standzentrum. Am Kreschtschatik Boulevard befindet sich auch der Maidan Nazaleschnosti Platz, oder Unabhängigkeitsplatz, kurz Maidan, wo die Orange Revolution im November/Dezember 2004 stattfand.



Bogen der Einheit von der Ukraine mit Russland

Der Kreschtschatik Boulevard beginnt am Kreschtschatik Park, wo sich auch das ein Monument, d.h. ein Bogen die Einheit der Ukraine mit Russland befindet. Dieses Monument stammt selbstverständlich noch aus Sowjetzeiten, da sich ja diese Länder in der Zwischenzeit getrennt haben...


Palast der Künste


Europaplatz mit Hotel Dnjepr

Kurz nach dem Bogen kommt der Europaplatz, wo sich auch der futuristische Palast der Künste und das Hotel Dnjepr befindet.

Nach etwa 200 m kommt der Maidan. Eigentlich besteht der maidan aus zwei Plätzen in deren Mitte sich der Kreschtschatik Boulevard befindet. Der Platz ist sehr monumental und für Schweizer Verhältnisse wirklich sehr gross. Auf dem Platz haben mehrere 100'000 Leute Platz.


Maidan mit Hotel Ukraine und Unabhängigkeitssäule (Südseite)


Detailansicht der Unabhängigkeitssäule


Maidan (Nordseite)


Detailansicht Maidan (Nordseite)



Kreschtschatik Boulevard in der Mitte des Maidan

Der Kreschtschatik Boulevard wurde in den 50-er Jahren erbaut, da das Stadtzentrum grösstenteils im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Der zu dieser zeit vorherrschende monumentale Baustil wird unter anderem auch als Zuckerbäcker Stalinismus bezeichnet. Entlang des Kreschtschatik reihen sich so auch nacheinander riesige, ehemals sowjetisch und heute Ukrainische Verwaltungspaläste, so u.a. auch die Stadtverwaltung.




Anfang des Kreschtschatik Boulevards


Durchgang zum Kreschtschatik Boulevard


Kreschtschatik Boulevard am Wochenende



Haus am Kreschtschatik Boulevard


Häuserfront am Kreschtschatik Boulevard

Kiew ist auch die Stadt der Kastanienbäume: Es gibt vermutlich keine andere Stadt auf der Welt, die so viele Kastanienbäume hat wie Kiew. Und natürlich dürfen diese auch nicht am Kreschtschatik Bouelvard fehlen. Da im Moment gerade die Kastanienbäume blühen, ist es zur Zeit besonders schön in Kiew.


Gebäude der Kiewer Stadtverwaltung am Kreschtschatik Boulevard


Kiewer Stalin-Kathedrale am Kreschtschatik Boulevard

In Moskau gibt es aus den 50-er Jahren, d.h. dem Ende der Stalin-Zeit, mehrere grosse Hochhäuser im Zuckerbäcker Stil, die als Stalin-Kathedralen bezeichnet werden. Ein ähnliches Hochhaus befindet sich aber auch in Kiew.


Ein weiteres Haus am Kreschtschatik Boulevard

Sonntag, 21. Mai 2006

Michaelskathedrale und Wladimirsberg Park

Am Samstag haben wir auch die Sankt Michaels Klosterkathedrale mit den Goldenen Kuppeln am Michaelsplatz besucht. Diese Kathedrale ist nicht weit weg von der Sophien Kathedrale. Dieses Kloster wurde 1108 – 1113 unter dem Kiewer Rus Fürsten Swyatopolk erbaut und ist dem Stadtheiligen von Kiew, Erzengel Michael, gewidmet. Eine Abbildung des Sankt Michael ist auch das Stadtwappen von Kiew.



Sankt Michael Klosterkathedrale mit den Goldenen Kuppeln

Die Sankt Michaels Klosterkathedrale mit den Goldenen Kuppeln ist wegen ihrer blauen Farbe und den Goldenen Kuppeln besonders schön und beeindruckend.


Glockenturm des Sankt Michaels Klosters

Im 12. Jahrhundert wurden hier die Fürsten beerdigt und 1240 wurde die Kathedrale teilweise durch die Tartaren zerstört. 1934 – 1936 wurde das Kloster durch die Sowjets zerstört und im Jahr 2000 wieder detailgetreu Rekonstruiert.



Pavillon in der Klosteranlage mit heiligem Wasser

Vor der Sankt Michaels Klosterkathedrale mit den Goldenen Kuppeln, auf dem Michaelsplatz, befindet sich ein Denkmal, das der Kiewer Rus Grossfürstin Olga der Heiligen (881 - 969) gewidmet ist. Da der Name meiner Frau Olga ist, gefällt mir dieses Denkmal natürlich besonders gut...



Denkmal der Kiewer Rus Fürstin Olga

Hinter der Sankt Michael Klosterkathedrale befindet sich der Wladimirsberg Park, von wo aus eine Standseilbahn den Berg hinunter ans Dnjepr-Ufer und in’s alte Podol Quartier führt. Der Berg ist zu Ehren des Kiewer Rus Grossfürsten Wladimir des Heiligen (960 - 1015) so benannt.



Standseilbahn ins Podil Quartier

Vom Wladimirsberg Park aus hat man einen wunderbaren Ausblick auf den Dnjepr, das Podol Quartier und die Satellitenstädte auf dem anderen Dnjepr-Ufer.


Aussichtsterrasse im Wladimirsberg Park


Ausblick vom Wladimirsberg Park auf den Dnjepr und Podol Quartier

Am Abhang des Wladimirsberg Park befindet sich denn auch das 1853 errichtete Denkmal zu Ehren des Kiewer Rus Grossfürsten Wladimir des Heiligen, der das Kiewer Rus und somit die Ukraine und Russland christianisierte und die orthodoxen Kirche zur Staatsreligion machte. Er wurde deshalb nach seinem Tod in den Stand eines Heiligen der orthodoxen Kirche erhoben.


Denkmal für Wladimir den Heiligen und darunter liegender Dnjepr

  • Wikipedia über Grossfürstin Olga die Heilige: Link
  • Wikipedia über Grossfürst Wladimir den Heiligen: Link