Montag, 30. April 2007

Geschäftige Unterführungen

Ein spezielles Phänomen in Kiew sind für mich immer wieder die fast überall anzufindenden Fussgänger-Unterführungen. Steigt man die Treppe in eine der recht vielen Fussgänger-Unterführungen hinunter um eine Strasse rasch zu unterqueren, befindet man sich kurzerhand in einer unüberschaubaren Ansammlung von kleinen Geschäften, Ständen und Strassenhändlern wo alles nur denkbare zum Verkauf angeboten wird. Da viele Leute an den Ständen stehen und Produkte anschauen ist an ein rasches Hindurchkommen oft kaum zu denken.


Kleine Geschäfte in einer Fussgänger-Unterführung


Die kleinen Geschäfte sind dabei kaum tiefer als zwei Meter und die Stände und Strassenhändler befinden sich am Rande der Unterführung. Ich denke, diese im Westen unbekannte "Nutzung" der Fussgänger-Unterführungen, hat verschiedene Gründe:
  • Im Winter schneit es hier nicht und die Verkäufer/Käufer haben weniger kalt als draussen
  • Die Miete für den Laden ist vermutlich hier billiger als in einem ordentlichen Geschäft
  • Viele Laufkunden (im wahrsten Sinne des Wortes) sind garantiert
  • In der UdSSR gab es keine eigentlichen Einzelgeschäfte
  • Der Vermieter (ich frage mich zwar wer das eigentlich ist) kann mit dieser Umnutzung sicherlich gutes Geld verdienen


Passanten betrachten im Vorbeigehen das Angebot


Als ich dieses Phänomen das erste Mal gesehen habe, war ich recht überrascht und dachte, dies gäbe es nur an diesem Ort. Aber in fast allen Fussgänger-Unterführungen gibt es diese Geschäfte oder zumindest Stände und Strassenverkäufer. Habe ich Zeit und bin nicht in Eile, finde ich diese Geschäfte sehr unterhaltsam. Bin ich aber in Eile, rege ich mich etwas darüber auf, da an ein rasches Hindurchkommen nicht zu denken ist und dies doch eigentlich eine Zweckentfremdung der Fussgänger-Unterführung ist...


Reichliches Angebot eines kleinen Geschäftes

Sonntag, 29. April 2007

Kulturgut Sonnenblumenkerne

Geröstete Sonnenblumenkerne (Семечки) sind der ukrainische und russische Knabber-Snack schelchthin. Dabei handelt es sich um einen sehr gesunden Snack der über 90% ungesättigte Fettsäuren, Vitamin E, Vitamin D, Vitamin K, Vitamin B, Vitamin A, Vitamin F, Karotin, Calcium, Iod und Magnesium enthält.


Sonnenblumenkerne in Zeitungspapier-Tüte verpackt

Die Sonneblumenkerne werden dabei überall auf der Strasse von meistens älteren Frauen (es gibt aber auch Ausnahmen wie nachfolgendes Bild zeigt...) zum Kauf angeboten und in eine Tüte aus Zeitungspapier eingepackt (siehe Bild oben). Die auf der Strasse angebotenen Sonnenblumenkerne sind natürlich ungeschält und das Schälen ist ein fester Bestandteil des Essens und eine nette Ablenkung.


Typischer Kiewer Strassenstand mit Sonnenblumenkernen


Aber heute kriegen die traditionellen Strassenverkäuferinnen immer mehr Konkurrenz von fertig verpackten und schon geschälten Sonnenblumenkernen. Ich persönlich glaube aber nicht, dass die Verkäuferinnen vom festen Strassenbild der ukrainischen Städte ganz verschwinden werden.

Sonnenblumenkerne aus einem Geschäft

Samstag, 28. April 2007

Spezielles Tram

Ich denke, dass diese heutige Fotographie des nachfolgenden Transport-Trames ein Eintrag im Blog wert ist. Oder hat ein Blog-Leser schon einmal ein ähnliches Tram in Westeuropa gesehen? Ich zumindest habe noch nie ein solches Tram in Zürich oder Bern gesehen...


Ungewöhnliches Transport-Tram

Besonders gefallen an dem Tram hat mir die überhängende und abgestützte Konstruktion für den Stromabnehmer, damit auch ja keine Ladefläche unnötig verschwendet wird...

Freitag, 27. April 2007

Sexy Radio Plakat

Kürzlich habe ich nachfolgende sexy Plakt für einen sehr beliebten Radiosender hier in Kiew, das "Russkoe Radio" (Русское Радио), an einem Haus in Kiew gesehen. Der Radiosender spielt dabei nur ukrainische, sowjetische und russische Musik - moderen Pop und alte Chansons. Mit dieser Reklame sucht der Sender dabei die "Miss Russkoe Radio".


Russkoe Radio Plakat an einem Kiewer Haus


Typisch für Kiew ist ausserdem das System der "Lamellen" Reklame Tafeln, die vier verschiedene Reklameplakate an einem einzigen Ort anzeigen können. Das fotografieren eines solchen Plakats ist dabei nicht ganz einfach, da jeweils ein Plakat nur rund 15 Sekunden eingeblendet wird. Man findet diese Art von Reklameplakate fast überall in Kiew.

Donnerstag, 26. April 2007

Arbeitsweg im Podol

Bekanntlich arbeite ich ja im Podol-Quartier von Kiew, dem alten Hafen- und Handelsquartier von Kiew. Das Podol-Quartier ist vermutlich das europäischste Quartier von Kiew mit vielen kleinen , im rechten Winkel angelegten Strassen und für Kiew relativ kleinen, alten und nur aus wenigen Stockwerken bestehenden Häusern mit den auch hier typischen geschlossenen ukrainischen Balkonen. Dieses Quartier übt eine ganz besonderen Charme auf mich aus. Nachfolgend nun eine Bilderserie der letzten beiden Tage, welche ich während meines Arbeitsweges bei sehr schönen Frühligswetter mit der Kamera meines Mobiltelefons geschossen habe.


Typisches altes Haus, welches schon recht oientalisch wirkt


Anderes typisches altes und reich verziertes Haus


Moderneres Wohnhaus

Ebenfalls etwas speziell für Europäer ist eine Baustelle, welche ich entdeckt habe. Dort ist gerade eine orthodoxe Kirche im Bau. Die Kirche wird dabei im alten Stil gebaut und wird nach Vollendung wie eine alte Kirche aussehen.Eine weitere Kirche für das schon mit vielen Kirchen gesegnete Kiew.



Rohbau einer orthodoxen Kirche


Aber natürlich gibt es auch im Podol-Quartier moderne Gebäude. Die ganz modernen Gebäude sind dabei oft in einem historisierenden Baustil gehalten. Die nicht ganz so modernen Gebäude sind im typisch sowjetisch funktionalen Baustil gehalten. Und dann gibt es auch noch selten postmoderne Gebäude, die sogar etwas futuristisch wirken.


Modernes, historisierendes Gebäude



Funktionales modernes Geschäftshaus aus der Sowjetzeit



Futuristisches Business Center neben einer alten Kirche


Ebenfalls sehr schön sind die Strassen und Plätze im Podol-Quartier die eigentlich immer sehr viele Bäume haben. Gerade jetzt ist dies besonders schön, da die Bäume erst gerade ausgeschlagen haben und erst leicht beblättert sind.


Bouelevard mit grünem Streifen in der Mitte der beiden Fahrtrichtungen



Grüner Streifen in der Mitte des Boulevards




Kontraktovaya Platz mit Hauptgebäude der Mohyla Universität

Sonntag, 22. April 2007

1 Jahr "Mein Kiew Blog"

Heute genau vor einem Jahr habe ich meinen ersten Beitrag in diesem Blog geschrieben: Link. Natürlich konnte ich mir damals nicht vorstellen, was ich hier alles erleben werde und vor allem, dass ich so lange in Kiew bleiben werde.



Natürlich möchte ich an dieser Stelle auch allen Lesern dieses Blogs danken. Ich habe in den letzten Wochen das Blog etwas vernachlässigt und eine kleine "kreative Pause" gebraucht. Aber keine "Angst" - ich beabsichtige nicht, das Schreiben dieses Blogs aufzugeben. Nur ist es einfach so, dass ich in diesem Jahr mit insgesamt 212 Beträgen schon recht viel hier beschrieben habe. Anderseits gibt es aber sicherlich auch noch genug viele interessante Begebenheiten hier in Kiew, über die ich noch nicht geschrieben habe. Wir werden sehen...
  • Wie alles begann - erster Beitrag dieses Blogs: Link

Sonntag, 8. April 2007

Ostern und Politik

Nachfolgend ein Bild vom Maidan, welches Anhänger von Premierminister Viktor Janukowitsch bei der Segnung durch einen ukrainisch-orthodoxen Popen zeigt. Der Pope bespritzt dabei die im Vordergrund liegenden grosse Anzahl von Osterkuchen sowie die Anwesenden mit Weihwasser. Auch ich habe heute in der Kirche eine rechte Portion Weihwasser abbekommen...


Othodoxer Pope weiht auf dem Maidan Janukowitsch Anhänger


Genauso wie die Ukraine politisch gespalten ist, ist sie auch religiös gespalten: Im Süden und Osten dominiert die ukrainische-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats (welche ein Teil der russisch-orthodoxen Kirche ist), im Zentrum und im Westen die ukrainisch-orthodoxe Kirche des Kiewer Patriarchats, die ukrainische Autonome Orthodoxe Kirche und die ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche. Daneben gibt es ganz im Westen noch Katholiken sowie versprengt evangelische Minderheiten und andere Kirchen. Natürlich vereinfacht dies die ganze eh schon verworrene Situation nicht gerade und leider werden die Kirchen auch für politische Zwecke missbraucht (wie obiges Bild eindrücklich belegt).

Ostergottesdienst

Nachfolgend ein paar Fotos aus einem Ostergottesdienst von einer kleinen Klosterkirche ganz in der Nähe unserer Wohnung. An Ostern bringen ausserdem die Gläubigen Osterspeisen wie Ostereier und Osterkuchen vor die Kirche und lassen diese Speisen dort vom Priester mit Weihwasser weihen.


Ikonostase mit Priester Während des Gottestdienstes



Gläubige in der Kirche



Festlich heller Kronleuchter der Kirche

Samstag, 7. April 2007

Ostergrüsse aus Kiew

Auch dieses Wochenende ist in Kiew Ostern. Dies ist nicht selbstverständlich, denn die orthodoxen Ostern sind nicht immer am gleichen Datum wie die Ostern in Westeuropa. Letztes Jahr (siehe Blog Beitrag vor einem Jahr) und auch in den nächsten beiden Jahren wird es wieder an verschiedenen Wochenenden sein.


Osterkuchen mit Ostereiern



Detailansicht eines Ostereis



Auch in der Ukraine sind Ostereier sehr beliebt an Ostern, wie nachfolgende Fotos unserer Ostereier belegen. Ebenfalls eine alte Tradition sind die Osterkuchen, die etwas dem ialienischen Panetone gleichen (ebenfalls ein Hefegäback). Diese speziellen Ostersspeisen werde in die Kirche mitgenommen und so gweiht.


Detailansicht eines "religiösen" Ostereis


Natürlich gibt es auch hier Osterdekorationen, wie nachfolgendes von meiner Frau gemachte Osterdekoration zeigt:


Osterdekoration


Frohe Ostern! / Счастливая Пасха!
  • Blog: Beitrag über Ostern vor einem Jahr: Link

Freitag, 6. April 2007

Live Bild vom Maidan

Nachfolgend ein aktuelles Bild von einer Webcam die den Maidan zeigt, damit Ihr die aktuelle Entwicklung dort mitverfolgen könnt:



Live Webcam vom Maidan

Mittwoch, 4. April 2007

Lärmige Nachbarschaft

Zitat aus der heutigen FAZ: "Die Generalstaatsanwaltschaft widersetzte sich am Mittwoch der Anweisung Juschtschenkos, Parlamentsbeschlüsse zu prüfen, die nach dem Präsidentendekret getroffen worden waren. Das sei nicht Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden."


Eingang der Generalstaatsanwaltschaft

Dem aufmerksamen Leser meines Blogs ist vielleicht noch bekannt, dass ich in umittelbarer Nachbarschaft zur Generalststaatsanwaltschaft wohne. Am Dienstag gab es dann auch prompt schon die erste Demonstration vor dem Gebäude. Die Demonstartion war so laut, dass unsere kleine Tochter, deren Fenster in diese Richtung geht, für einmal auf ihren Mittagsschlaf verzichten musste. Nun ja, in revolutionären Zeiten muss man wohl kleine Störungen in Kauf nehmen...

Ausserdem: jeden Morgen fahre ich mit dem Marschrutka oder Autobus auf dem Arbeitsweg am Parlament und am Regierungsgebäude vorbei, wo im Moment ja jeden Tag tausende pro Janukowitsch Anhänger aus dem Osten des Landes, v.a. aus Donezk, demonstrieren. Siehe auch unten stehende Fotos, welche ich aus dem fahrenden Bus geschossen habe. Ein seltsamer Anblick. Nicht nur für mich, auch für die mitfahrenden Kiewer... Die Autobusse, welche diese Demonstranten nach Kiew gebracht haben, stehen ausserdem zu Dutzenden entlang des Dnjeprs. da diese Demonstranten in den Bussen übernachten, sehe ich dann jeweils am Morgen die noch etwas verschlafenen Demonstranten in Richtung Parlament spazieren... Der Lohnausfall dieser Demonstranten wird ausserdem von den Parteien bezahlt und irgendwie ist für die das ganze auch ein bisschen Ferien in Kiew.


Demonstration heute Morgen vor dem Parlament



Demonstranten und Zeltlager im Mariinsky Park


Die tendenziell "pro Orangen" Kiewer legen im Moment sowieso eine bewundernswerte Ruhe an den Tag und gehen dem ganz normalen Alltagsleben nach. Ob dies am bevorstehenden (Oster-) Wochenende so bleiben wird, wage ich zu bezweifeln...

Montag, 2. April 2007

Unsichere politische Zukunft

Nach der heutigen Auflösung des Parlaments durch den Präsidenten und den angekündigten Neuwahlen ist die politische Zukunft der Ukraine alles andere als sicher. Der Ausgang der bevorstehenden Wahlen wird vermutlich einen grossen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung und somit direkt auf den Wohlstand der Bevölkerung haben. Der wirtschaftliche Aufschwung in der Ukraine ist erst ein paar Jahre alt und droht nun wegen politischen uneinsichtigen Lagern wieder zu verebben.

Unsicher ist, wer die Parlamentswahlen gewinnen wird und somit nächster Ministerpräsident der Ukraine wird. Und die Ukrainer sind bei dieser Wahl wirklich nicht zu beneiden: Auf der einen Seite der undemokratische, aber wirtschaftspolitisch erfolgreiche Viktor Janukowitsch, auf der anderen Seite die vermutlich demokratischere Julia Timoschenko, die aber wieder Firmen verstaatlichen will und eine sehr sozialistische und ineffiziente Wirtschaftspolitik verfolgt. Die wirtschaftlichen Verlierer dieser Wahlen sind auf jeden Fall heute schon bekannt: Die Ukrainer!

Andererseits hatte Präsident Viktor Juschtschenko keine andere Wahl als das Parlament zu entlassen und Neuwahlen auszurufen, wenn er nicht vollständig seine sowieso schon angeschlagene Glaubwürdigkeit verlieren wollte. Ministerpräsident Viktor Juschtschenko hat zielstrebig auf eine Verfassungsmehrheit im Parlament hingearbeitet – vermutlich auch mit illegalen Mitteln. Letzte Woche kursierte in Kiew das Gerücht, dass ein Parlamentarier (d.h. ein Fraktionswechsel) zwischen USD 5 und 7 Millionen kostet. Und hätte Viktor Janukowitsch die Verfassungsmehrheit erhalten, gab es wenig Zweifel, dass er die Verfassung zu seinen Gunsten geändert hätte: Präsidentenwahl durch das Parlament anstelle bisher durch das Volk und uneingeschränkte Macht für den Ministerpräsidenten.

Das einzig vielleicht wirklich positive an dieser Entwicklung ist die Tatsache, dass die Ukraine eine demokratische Wahl hat und im Gegensatz zu Russland sein zugegebener Massen nicht einfaches Schicksal selbst entscheiden kann. Westliche Analytiker sahen mit der Verfassungsmehrheit in der Ukraine schon russische Zustände, was in der Ukraine nun aber Gott sei Dank nicht so schnell passieren wird. Nach den Neuwahlen wird es sehr schwierig sein, eine Verfassungsmehrheit zu erzielen – mit welchen Mitteln auch immer. Denn die opportunistischen kleinen Parteien werden ziemlich sicher den Sprung in’s neue Parlament nicht schaffen und im Parlament werden nur noch die Partei der Regionen (Janukowitsch), BYuT (Timoschenko) und Unser Ukraine (Juschtschenko) vertreten sein.

Zu hoffen ist, dass Europa nun endlich dieses um Demokratie ringende europäische Land unterstützt und nicht sich selbst und seinem grossen östlichem Nachbarn überlässt. Die Hoffnungen vieler Ukrainer werden aber vermutlich nicht erfüllt, denn dazu ist Europa viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Wäre es nicht ein ehrlicher Schritt, die Verhandlungen mit der unwilligen Türkei abzubrechen und mit der seit über 1000 Jahren christlichen und wirklich nach Europa wollenden und auch zum europäischen Kulturkreis gehörenden Ukraine beginnen zu verhandeln? Oder ist die Angst Russland dadurch zu verärgern immer noch zu gross in Europa?

Auf jeden Fall kommen spannenden und wichtige Wochen auf die Ukraine zu und irgendwie bin ich berührt und stolz, dass ich so etwas einmal hautnah miterleben darf, auch wenn ich dies der Ukraine wirklich nicht gewünscht habe.

Präsident löst Parlament auf

Nach einem monatelangen Machtkampf mit der pro-russischen Parlamentsmehrheit hat der ukrainische Staatschef Viktor Juschtschenko das Parlament aufgelöst. In einer im Fernsehen übertragenen Rede sagte Juschtschenko, dies sei nicht nur sein Recht, sondern auch seine Pflicht. Zugleich kündigte der Präsident Neuwahlen für den 27. Mai an. Juschtschenko war zuvor mit führenden Abgeordneten zu Beratungen zusammengekommen. Der westlich orientierte Staatschef hatte mehrfach damit gedroht, das Parlament aufzulösen, sollten die beiden politischen Lager ihre Kämpfe nicht beilegen.


Die Verkhovna Rada, das Parlament der Ukraine

Zu Beginn der Beratungen in Kiew warf Juschtschenko dem Lager des pro-russischen Regierungschefs Viktor Janukowitsch vor, westlich orientierte Abgeordnete abzuwerben. Diese Methode laufe der Verfassung zuwider und sei rechtswidrig, hiess es in einer Erklärung. "Schlussendlich werden die demokratischen Ideale und die Werte der Demokratie im Herzen der Gesellschaft in Zweifel gezogen." Die Beratungen mit dem Parlamentspräsidenten, seinen Stellvertretern und den Fraktionsführern sind in der ukrainischen Verfassung vorgeschrieben, bevor der Staatschef das Parlament auflösen kann.


Das pro-russische Lager hat derzeit die Mehrheit in der Volksvertretung. Es war durch Überläufer in jüngster Zeit erstarkt. Hätte sich die parlamentarische Mehrheit von derzeit rund 250 Abgeordneten auf 300 verstärkt, hätten die pro-russischen Parteien die Verfassung ändern und Einsprüche des Präsidenten ignorieren können. Damit wäre der politisch ohnehin angeschlagene Juschtschenko weitgehend machtlos. Allerdings ist auch die jetzige Auflösung des Parlaments riskant für ihn, denn sein Lager kann nach Umfragen bei der vorgezogenen Neuwahl nicht mit einem Sieg rechnen.

Wie die russische Regierung unterdessen mitteilte, verschob Juschtschenko seinen für Dienstag geplanten Besuch in Moskau.

Text Quelle: AFP