Mittwoch, 4. November 2009

WHO relativiert

Die WHO hat anscheinend ihre gestrige Ausage revidiert, dass es keine Beweise dafür gibt, dass in der Ukraine eine A/H1N1 Epidemie ausgebrochen ist und geht nun doch davon aus, dass die Situation in der Ukraine ernst ist. Anscheined ist der Versursacher nun doch der A/H1N1 Virus...

Tagesschau vom 03.11.2009
Beitrag der Tagesschau des SF DRS vom 3. November 2009

  • Web: Bericht eines Schweizers aus Kiew auf blick.ch: Link

Montag, 2. November 2009

Gute Werbung für Roche

Heute Montagmorgen um 00:30 Uhr landete ein Transport-Flugzeug aus Basel in Kiew-Borispol mit 300,000 Packungen Tamiflu an Bord. Natürlich zeigten sich in Zeiten des Wahlkampfes medienwirksam die Premier-Ministerin Julia Timoschenko und der Aussenminister Petro Poroschenko mit einer Packung Tamiflu in der Hand vor dem Flugzeug. Gut, dass wir nun gerettet worden sind und natürlich beste Werbung für Roche. (was mich als Schweizer natürlich besonders freut)! Der Verdacht der politischen Instrumentalisierung der Schweinegrippe erhärtet sich unterdessen, denn die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte am Montag, es gebe derzeit keine Belege dafür, dass der Ausbruch der neuen Grippe in der Ukraine besonders schlimm wäre.


Julia Timoschenko (mit Packung Tamiflu) und Aussenminister Petro Poroschenko vor dem Flugzeug



Tamiflu wird aus dem Transport-Flugzeug in Borispol ausgeladen

  • Web: NZZ über die Lieferung von Tamiflu in die Ukraine: Link
  • Web: Spiegel über die Schweinegrippe in der Ukraine: Link
  • Web: Tages Anzeiger über die Schweinegrippe in der Ukraine: Link
  • Web: Tages Anzeiger über Liegerung von Tamflu in die Ukraine: Link

Wie gehe ich mit der Epidemie um?

Zuerst einmal möchte ich sagen, dass die ganze Situation natürlich schon irgendwie unheimlich ist und ich in meinem Leben noch nicht eine vergleichbare Situation erlebt habe. Dieses Wochenende haben wir nur zu Hause verbracht, denn in Shopping Center oder Restaurants mit vielen Leuten zu gehen (vermutlich hat es aber auch nicht mehr viele Leute dort...) vergeht einem irgendwie. Eingekauft für die Woche haben wir in der Nacht, als es wenig Leute im Supermarkt hatte. Eine Maske trage ich im Moment aber noch keine (obwohl wir solche haben), wenn ich vor die Türe gehe, aber am Sonntag habe ich diese bei etwa 5% der Bevölkerung gesehen. Alle Angestellten in der Post und mehrere Verkäufer auf dem Basar trugen schon neben etlichen Passanten eine Maske. Auch habe ich Leute mit Behelfsmasken gesehen, wie zum Beispiel einen über den Mund gezogenen Schal, obwohl dies bei Viren, die ja 15 bis 400 nm gross sind und nur unter dem Elektronen-Mikroskop gesehen werden können, absolut nichts hilft (als wollte man eine Mücke in ein Elefantenkäfig einsperren...).


Ich in meinem Büro am letzten Freitag (Tag 0)

Auch bin ich als vorsichtiger Schweizer seit Juni mit zwei Packungen Tamiflu ausgerüstet, was schon etwas beruhigt. Morgen Montag gehe ich wieder in das Büro, was sicherlich ein grösseres Risiko darstellt. Vermutlich werde ich ab Montag nun auch eine Maske tragen ‚ es scheint ja langsam in der Mode zu sein hier in Kiew und da es ja so wenige gibt ist es schon fast ein Statussymbol... Da ich den Verdacht habe, dass meine Tochter schon die A/H1N1 Schweinegrippe hatte, bin ich aber insgesamt etwas beruhigt und hoffe, dass ich schon Antikörper gebildet habe... Mal sehen!

Sonntag, 1. November 2009

Warum gib es eine Schweinegrippe-Panik in der Ukraine?

Anhand meiner letzten Beiträge auf dem Blog kann man sicherlich sehen, dass mich die aktuelle Schweinegrippe-Panik in der Ukraine auch etwas erfasst hat. Die Panik bei den Ukrainern ist aber schon irgendwie verständlich, wurde doch die ganze Problematik im Gegensatz zum Westen bisher etwas steifmütterlich in den lokalen Medien behandelt. Irgendwie herrschte hier die Meinung vor, dass dies alles nur Panik der westlichen Medien sei und die Ukraine schon irgendwie nicht betreffen wird.

Seit letztem Freitag ist dies nun völlig anderes. Und wie so oft neigt das Land von einem Extrem in das andere... Völlig überrascht waren die Ukraine von der rasanten Ausbreitung der Schweinegrippe. Bis zu diesem Tag gab es in der Ukraine mit 46 Millionen Einwohnern offiziell nur zwei A/H1N1 infizierte. Mit dieser rasanten neusten Entwicklung ist es ja irgendwie nicht überraschend, dass die Bevölkerung völlig überrascht wurde und nun panikartig reagiert. Obwohl, bisher ist es noch gar nicht sicher, ob wirklich der A/H1N1 Virus verantwortlich ist, oder ob es sich um einen anderen Virus handelt. Und da viele Leute an Lungenentzündungen gestorben sind, geht sogar das Gerücht um, dass es sich um die Lungenpest handelt.


Fussgänger mit Masken


Dass zwischen Freitag und Sonntag sich die Anzahl Infizierter auf 185,000 verdoppelt hat (nun 0.4% der Bevölkerung), zeigt meines Erachtens klar, dass die Ausbreitung wirklich epidemisch ist. Aber irgendwie überrascht mich das auch nicht, denn Hygiene wird in der Ukraine im allgemeinen nicht sehr hoch gehalten, ist es doch zum Beispiel Tradition für hiesige Männer auf den Gehsteig zu spucken...

Nur frage ich mich, wie diese aktuellen Zahlen zu Stande kommen. Meine Tochter hatte vor drei Woche eine sehr starke Virusinfektion. Es wurden ihr aber keine Speichelproben entnommen um die Ursache wirklich seriös abzuklären. Und je länger ich überlege, denke ich, dass sie die Schweinegrippe vom Typus A/H1N1 hatte (Erbrechen, hohes Fieber, geschwollenes Auge, sehr hartnäckig). Dies zeigt auch irgendwie, wie das Land mit dieser Problematik bisher umging.


Verkehrspolizist mit Maske


Ich habe auch den Eindruck, dass die Bevölkerung und Regierung überhaupt nicht auf eine solche Epidemie vorbereitet waren. Noch vor einer Woche hat zum Beispiel die Regierung gesagt, dass die Grippe-Impfung dann gekauft würde, wenn es notwendig sein sollte, obwohl die Regierung gar keine finanziellen Mittel dafür hat und es dann sowieso zu spät sein würde. Und auch die aktuelle Empfehlung der Regierung, selber Schutzmasken zu basteln (die erwiesenermassen überhaupt nicht helfen können), zeigt, wie überfordert die Regierung mit der aktuellen Situation ist. Und auch dass alle Bildungseinrichtungen und öffentliche Anlässe für drei Wochen geschlossen wurden ist vermutlich eine Überreaktion. Dies ist in meinen Augen purer Aktionismus und ich habe den Eindruck, dass man in der Ukraine gehofft hat, dass die Epidemie schon irgendwie am Land vorbei gehen würde und man sich wieder einmal durchmogeln kann. Leider war die politische Elite viel zu sehr mit den eigenen Problemen beschäftigt (anstehende Präsidentenwahlen) als sich um das Land zu kümmern und es zeigt wieder einmal, dass man sich in der Ukraine nicht auf staatliche Hilfe verlassen kann. Dies und die panikartige Reaktion der Regierung ist sicher mit auch ein Grund für die aktuelle Verunsicherung der Bevölkerung.

Und dass seit Freitagmorgen alle Grippe-Medikamente (wie Tamiflu) und Schutzmasken ausverkauft sind, ist schon überraschend für ein Land, wo nur ganz wenige CHF 80 für eine Packung bezahlen können. Auch wenn es genügen Tamiflu hätte, könnte sich das leider nur wenige leisten und auch der Staat hat leider nicht die finanziellen Möglichkeiten.

Grippe breitet sich schnell aus

Gemäss dem Gesundheitsministerium sind bereit 184,919 Personen infiziert, davon 82,691 Kinder. 7,383 Personen befinden sich in Spitälern, wobei 123 Personen intensive Pflege brauchen. Bisher sind 53 an der Grippe-Epidemie gestorben. Am meisten betroffen sind die Oblaste Lviv, Ivano-Frankivsk, Rivne, Ternopil und Chernowitz.


Offizielle mit Masken

In Kiew sind 6,357 Personen infiziert, davon 3,014 Kinder, und 85 Personen befinden sich in Spitälern.



Ukraine besonders von der Schweinegrippe betroffen
Bisher mehr als 50 Tote – Hilfszusagen aus Nachbarländern

NZZ, 1. November 2009

In der Ukraine breitet sich die Schweinegrippe rasant aus. Die Zahl der Todesfälle stieg inzwischen auf 53, mehr als 180'000 Menschen sind an dem Virus erkrankt.

(sda/afp/dpa) Die Ukraine ist wegen der Schweinegrippe im Ausnahmezustand. Die Epidemie breite sich in rasendem Tempo aus, sagte Präsident Viktor Juschtschenko. Die Zahl der Todesfälle stieg inzwischen auf 53, mehr als 180'000 Menschen sind an dem Virus erkrankt.

Nach Angaben des Kiewer Gesundheitsministeriums sind allein im Gebiet Lwiw im Westen des Landes mehr als 70'000 Menschen infiziert. Eine Delegation der Weltgesundheitsorganisation WHO will am Montag in die Region reisen, um sich ein Bild von der Situation in den Spitälern und den Ärztepraxen zu machen.

Militärärzte und Reservisten wurden aufgeboten, um sich um die wachsende Zahl an Patienten zu kümmern. Mehrere Länder, darunter Russland und die Slowakei, sagten der ehemaligen Sowjetrepublik Hilfe zu.

Leere Strassen, Schulen geschlossen

Das Fernsehen zeigte am Wochenende Bilder von leeren Strassen und Geschäften in den Grossstädten. Bereits am Freitag hatte die Regierung landesweit alle Schulen und Kindergärten geschlossen. Zudem sind Veranstaltungen mit grösseren Menschenmengen, darunter Konzerte und Kinovorführungen, verboten.

Nach Panikkäufen in Apotheken waren in vielen Städten weder Schutzmasken noch Medikamente zu haben. Juschtschenko ordnete an, dass umgehend mehr Schutzmasken produziert werden müssten - der Bedarf liege bei einer Million Masken pro Tag.