Dienstag, 30. Mai 2006

Brillenreparatur

Als Brillenträger ist es ein der schlimmeren Vorstellungen, dass einem die Brille im Ausland kaputt geht - v.a. wenn man keine Ersatzbrille dabei hat, was man aber als vorsichtiger Schweizer immer tun sollte, ich aber eben nicht getan habe... Nun, als letztes Wochenende meine kleine Tochter mit meiner Brille spielte während meines Mittagsschlafs, ist dieser "Worst Case" eingetreten. Zum Glück hatte ich ja noch eine korrigierte Sonnenbrille dabei, aber auf die Dauer ist das bei schlechtem Wetter, in der U-Bahn hunderte von Metern unter dem Boden oder im Büro auch keine wirklich zufriedenstellende Lösung...

Am Montag musste also eine wirkliche Lösung gefunden werden. Mit einem Freund, der sich sehr gut in Kiew auskennt, gingen wir an einen Platz im Stadtzentrum, wo es mehrere Optikergeschäfte gibt. Interessant, dass sich diese Geschäfte in Kiew an einem Platz bündeln... Im ersten Optikergeschäft wurde uns gesagt, dass sie keine Reparaturen von Brillen machen – sprich sie wollten mir lieber eine neue verkaufen. Wir gingen ins zweite Geschäft, wo wir die gleiche Antwort bekamen. Aber da wir nun schon einmal da waren, schaute ich ein paar Brillengestelle an. Die Preise waren absolut mit der Schweiz vergleichbar, wenn nicht sogar teurer. Und vergleicht man mit "Fielmann"-Preisen, so waren die Preise sogar happig! Mir wurde es langsam flau zumute. Eine nette Verkäuferin erbarmte sich und gab uns den Tipp, dass es gleich nebenan einen professionellen Brillenreparatur-Service gibt.

Dieser "professionelle" Service befand sich direkt nebenan in einem schmuddeligen, herunter gekommen Treppenhaus in einem Hauseingang. Es warteten schon drei Leute vor uns und es wurde uns mitegeteilt, dass der "Service" erst in 20 Minuten öffnet. Also gingen wir vorerst mal einen Kaffee trinken. Nach 20 Minuten waren wir wieder dort und eine kleine Luke öffnete sich auf etwa 1 Meter Höhe wo sich ein alter Mann dahinter befand, dem man gebückt die Brille zur Untersuchung geben musste. Da das Brillengestell ausgerechnet an der empfindlichsten Stelle, nämlich an der Halterung des Bügels, gebrochen war, musste auch der Experte passen. Er gab uns aber den Tipp, in einen Fabrikladen zu gehen, wo es spezialisierte Feinmechaniker gebe, die dies vielleicht reparieren können.

Wir fuhren zu diesem Fabrikladen gleich neben dem Hauptbahnhof von Kiew, der sich in einem herunter gekommenen 70-er Jahre Bau mit absolutem Sowjet-Charme (sprich Mief) befand. In einer düsteren Halle mit seltsamen Deckenverzierungen und dunklen Holzverkleidungen gab es mehrere Stände, wo man alles mögliche, also Schmuck, Uhren, und eben Brillen, reparieren konnte.

Der Meister mit den "goldenen Händen" schaute sich das Ganze kurz an, setzte die Lupe auf und nahm einen Miniatur-Lötkolben und reparierte die in der Schweiz nicht reparierbare Brille in 15 Minuten in akribischer Feinarbeit absolut professionell und nicht einmal sichtbar. Kostenpunkt: 5 Franken! Aber dies auch nur, weil ich mich nicht als Ausländer zu erkennen gab... Ich war total begeistert und konnte mein Glück kaum fassen. So etwas wäre in der Schweiz nie möglich gewesen. Und natürlich war ich meinem Freud sehr dankbar, ohne den ich dies alles nie hätte machen können.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

"Aber dies auch nur, weil ich mich nicht als Ausländer zu erkennen gab..."

Also hast du garnicht gesprochen oder wie?