Freitag, 31. August 2007

Simferopol

Den Schluss unserer Sommerferien auf der ukrainischen Schwarzmeer Halbinsel Krim haben wir in Simferopol (Симферополь) verbracht. Der Name Simferopol bedeutet dabei "Stadt der Sammler". Die Stadt hat 344'000 Einwohner und wurde 1784 nach der Eroberung der Krim von der russischen Zarin Katharina der Grossen gegründet. Sie ist die Hauptstadt der autonomen Republik Krim, also das Verwaltungszentrum der Krim, aber auch ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Simferopol ist der Ausgangspunkt jeder Reise auf die Krim, ausser man reist mit dem Schiff an. Da wir schon mehrmals durch Simferopol durchgereist sind, aber nie länger hier geblieben sind, wollten wir diese Stadt einmal etwas genauer anschauen.


Bahnhof von Simferopol


Fast schon Kultstatus hat der Bahnhof von Simferopol. Zu Sowjetzeiten, als die Krim noch DIE Feriendestination der Sowjetbürger war, endete die oft beschwerliche und mehrere Tage dauernde Anreise mit dem Zug hier. Bis heute gibt es ausserdem noch direkte Züge Berlin-Simferopol und Moskau-Simferopol. Daneben fahren ab dem Bahnhof von Simferopol auch alle Autobusse in die verschiedenen Ferienorte (Jalta (Ялта), Alupka (Алупка), Koktebel (Коктебель), Feodossij (Феодосия), Kertsch (Керч)) der Krim - was natürlich viel billiger als ein Taxi ist.


Flughafen von Simferopol (alter Terminal)


Ebenfalls berühmt ist der kleine Flughafen im Norden der Stadt, der beim kleinen, so passend benannten Vorort Aeroflotskoe (Аэрофлотское) liegt. Er ist der einzige (nicht militärische) Flughafen der Krim und heute ebenfalls der Ausgangspunkt viel Reisen auf die Krim. Von allen Flügen innerhalb der Ukraine gehören die Flüge nach Simferopol, speziell von Kiew aus, zu den teuersten Inlandflügen überhaupt. Im Sommer gibt es ausserdem eine direkte Flugverbindung Basel-Simferopol (aber mit Umsteigen) und auch aus mehreren deutschen Städten.


Süden der Stadt, Stausee und Ausläufer des Krimgebirges


Simferopol liegt an den letzten Ausläufern des Krimgebirges. Im Norden von Simferopol beginnt hingegen das riesige, steppenartige, Flachland der Krim. Und im Süden der Stadt sieht man am Horizont den Hauptkamm des Krimgebirges.


Am Ufer des Stausees, Krimgebirge im Hintergrund


Im Süden der Stadt, in einem Tal der Ausläufer des Krimgebirges liegt ein Stausee, welcher das Wasserreservoire für die Stadt ist. Natürlich ist dieser See auch sehr beliebt zum Baden und ein schönes Naherholungsgebiet der Stadt.


Moschee in Simferopol


Auch am Ort des heutigen Simferopols gab es seit dem 14. Jahrhundert eine Tataren-Siedlung namens Aqmesci. Bis heute hat es in der Stadt deshalb auch noch mehrere Moscheen. Fährt man über das Land auf der Krim, sieht man in vielen Orten neue Moscheen. Sehr viele Krimtataren sind nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion aus ihrer Verbannung auf die Krim zurück gekehrt. Da diese Rückkehrer oft mittellos waren, wurden viele dieser neuen Moscheen mit saudiarabischem Geld gebaut. Die Krimtataren gelten zwar als religiös gemässigt. Es wird aber befürchtet, dass ein Teil der verarmten Krimtataren von Fanatikern aufgestachelt werden könnte. Kiewer Zeitungen haben schon darüber spekuliert, ob es nicht auf der Krim terroristische Trainingslager geben könnte. Die Problematik mit den seinerzeit von Stalin vertriebenen und heute zurückkehrenden Krimtataren ist eines der grossen Minoritätenprobleme der heutigen Ukraine.


Eingang zum Park


In Simferopol haben wir rund einen Tag mit einer Übernachtung verbracht. Wir haben dabei ein befreundetes Ehepaar aus der Schweiz besucht, dass ebenfalls auf der Krim die Sommerferien verbracht hat. Da es am zweiten Tag vor dem Rückflug nach Kiew sehr heiss war, haben wir fast den ganzen halben Tag vor dem Abflug in einem Park im Zentrum von Simferopol verbracht.


Riesenrad

In diesem Park hat es dabei viele Attraktionen für Kinder. Und da ja unsere kleinen Tochter auch dabei war, haben wir ihr an diesen letzten Tag der Sommerferien eine Freude gemacht. Als erstes sind wir auf ein altes sowjetisches Riesenrad mit Ausblick auf den Park und die ganze Stadt gegangen.


Eingang zum Zoo von Simferopol


In diesem Park hatte es auch einen kleinen Zoo, der sicherlich nicht ganz westlichen Ansprüchen der modernen Tierhaltung genügt hätte. Nichts desto Trotz war es aber sehr interessant in diesem Zoo und unsere Tochter hatte eine grosse Freude. Dass dieser Zoo finanziell zu kämpfen hatte, merkte man auch daran, dass mehrere Sponsoren relativ direkt an vielen Orten ihr Firmenlogo zeigen konnten...


Ein Braunbär kühlt sich in der grossen Hitze etwas ab


In diesem Park hatte es auch viele Attraktionen für kleine Kinder. Sehr beliebt sind in der Ukraine grosse, aufblasbare Spielanlagen, wo kleine Kinder völlig ungefährlich herum springen und herunter rutschen können. Diese Anlagen, welche man in der Schweiz fast nie sieht, findet man in der Ukraine in jedem grösseren Park einer Stadt und an allen Ferienorten. Natürlich macht dies das Leben der Eltern nicht unbedingt einfacher, denn wenn unsere Tochter eine solche Anlage sieht, muss sie natürlich sofort dort hingehen...


Unsere Tochter in einer aufblasbaren Spielanlage

Sonntag, 19. August 2007

Koktebel

Koktebel (Коктебель) war der nächste Ort auf der ukrainischen Halbinsel Krim, den wir während unseren Sommerferien besucht haben. Koktebel ist eine Dorf, das rund 15 km in westlicher Richtung von Feodossija (Феодосия) entfernt liegt. Der Name Koktebel ist krimtartarisch und bedeutet "Ort der hellblauen Berge".


Küste bei Koktebel mit Gipfel des Kara-Dag Massivs


Koktebel hatte in der Sowjetunion den Ruf des Ferienortes der Intelligenzia (интеллигенция). Viele berühmte Kulturschaffende der Sowjetunion verbrachten in Koktebel ihre Sommerferien.


Beginn der Uferpromenande von Koktebel, Blick Richtung Osten


In Koktebel hat es eine atemberaubende Küstenlandschaft. An der Küste und hinter Koktebel trohnt das Kara-Dag Massiv (Кара-Даг), ein Vulkan, der vor 10 Millionen Jahren hier entstanden ist. Dabei sehen die beiden rund 700 m hohen Hauptgipfel des Massivs ein bisschen wie die beiden Gipfel des Innerschweizer Berges Mythen aus...


Strand von Koktebel, Kara-Dag im Hintergrund (Westen)


Während auf der westlichen Seite von Koktebel das Kara-Dag massiv ist, hat es auf der östlich von Koktebel gelegenen Küste des Schwarzen Meeres flache, rötliche Felsen mit einer Landzunge, die wie in Ägypten aussieht. Die äusserste Spitze dieser Landzunge heisst "Chamäleon", da diese Felsen wie ein Chamäleon aussehen.


Landzunge mit Chamäleon (angeschnitten, ganz rechts)


Das Kara-Dag Massiv fällt westlich von Koktebel steil in's Meer ab. Dabei handelt es sich um abgekühltes Vulkangestein, dass bei der Abkühlung vor 10 Millionen Jahren bizarre Formen gebildet hat. So hat es mehrere hundert Meter hohe Kamine, die wie Türme einer Festung aussehen und viele Höhlen (auch Unterwasser), die wie Fenster aussehen. Dieser Teil des Kara-Dag Massivs wird deshalb auch als die "tote Stadt" (мёртвый город) bezeichnet.


"Tote Stadt" des Kara-Dag Massivs von Meer aus gesehen


Besonders bekannt ist dabei ein Felsenportal, das sogenannte "goldene Tor" (золотые ворота), das rund 40 m hoch ist, einen Durchgang hat und frei im Meer steht. Solche Felsenportale kannte ich bisher eigentlich nur von der französischen Normandieküste her, genau gesagt von Etrétat.


Goldenes Tor


Da die Küste entlang des Kara-Dags sehr steil ist, kann man sie zu Fuss nicht besichtigen. Deshalb lohnt es sich auf eines der vielen Ausflugsschiffe zu gehen.


Küste entlang des Kara-Dag Massivs



Kara-Dag Massiv vom Meer aus gesehen


Obwohl Koktebel sehr klein ist (nur rund 3'000 Einwohner ohne Touristen), hat es eine sehr schöne und lange Uferpromenade mit vielen Geschäften und Restaurants. Im Vergleich zu Feodossija hat uns diese Uferpromenade besser gefallen. Eigentlich besteht Koktebel fast nur aus dieser schönen Uferpromenade...


Uferpromenade bei Nacht


Vom Ferienort der Intelligenzia ist heute nicht mehr viel zu spüren. Koktebel ist heute ein ganz normaler Ferienort an der Krim. Die einzige Ausnahme war ein improvisiertes Rock-Konzert am Strand des äussersten Endes der Uferpromenade, welches wir zufällig gesehen haben. Ganz in der Nähe hatte es auch einen wilden Camping-Platz direkt am Strand, der sicher nicht westlichen Anforderungen genügen würde, da die Zelte wirklich sehr eng nebeneinander aufgestellt waren... An diesem Rock-Konzert wurden dabei Interpretationen von gutem Sowjet-Rock gespielt - Kino (Кино), DDT (ДДТ), Maschina Wremeni (Машина Времени), Akwarium (Аквариум). Die Musiker kamen dabei aus den Zuhörern und nach einer grwissen Zeit wurde gefragt, wer als nächstes spielen möchte. Natürlich blieben wir etwas am Strand sitzen und hörten der Musik zu. In Koktebel gibt es ausserdem auch das grösste Jazz-Festival der ehemaligen Sowjetunion - das Jazz Koktebel (Джаз Коктебель), welches jeweils im September stattfindet


Rock-Konzert am Strand


Koktebel ist in der Ukane auch wegen seines bekannten und grossen Weinbaugebietes und der gleichnamigen, 1897 gegründeten Weinkellerei berühmt (siehe früheren Blog-Beitrag über ukrainischen Wein). Dabei wird sowohl typisch ukrainisch süsser als auch trockener Rot- und Weisswein und Kognak hergestellt. Besonders gefallen hat mit der "Pinot-Fran" (Пинот-Фраи), ein Blauburgunder (Pinot Noir), der sehr ähnlich wie die Rotweine aus meiner Heimat Schaffhausen schmeckt.


Weinplantagen bei Koktebel

  • Blog: Ukrainischer Wein: Link
  • Web: Website des Jazz Koktebel: Link
  • Web: Website des Koktebel Weingutes: Link

Samstag, 18. August 2007

Kertsch

Von Feodossija (Феодосия) aus haben wir an einer Exkursion in die Hafenstadt Kertsch (Керч) teilgenommen. Die Stadt Kertsch befindet sich im äussersten Osten der Krim-Halbinsel und ist namensgebend für die Kertsch-Halbinsel (der Krim) und die (Wasser-) Strasse von Kertsch.


Landschaft zwischen Kertsch und Feodossija


Die Landschaft der rund 100 km langen Strecke zwischen Feodossija und Kertsch ist sehr eindrücklich und ungewohnt für einen Westeuropäer. Die Gegend kann am besten als eine Steppe bezeichnet werden - sehr flach, trockene Wiesen, keine Bäume, nur etwas Sträucher, vereinzelt kleine Seen und sehr dünn besiedelt.


Berg Mitridat, Lenin-Statue und Flaggen (Kertsch, Krim, Ukraine)


Die Stadt Kertsch liegt an einer grossen, lang gezogenen Bucht der Strasse von Kertsch. Zwei kleinere Buchten der grossen Bucht bilden die beiden natürlichen Häfen von Kertsch. Den schönsten Ausblick auf die Stadt, die Häfen, die Strasse von Kertsch und die russische Küste hat man vom 96 m hohen Berg Mitridat, der dominant über der Stadt liegt. Dieser Berg war früher die Akropolis der im 7. Jahrhundert v. Chr. gegründeten antiken griechischen Stadt Pantikapaion (Παντικάπαιον), der Hauptstadt des antiken Bosporanischen Reichs.


Blick vom Mitridat auf Hafen und Kertsch


Die Strasse von Kertsch, welche das Asowsche Meer mit dem Schwarzen Meer verbindet, und hier an ihrer schmalsten Stelle nur rund 3 km breit ist, wurde in der Antike auch als Kimmerischer Bosporus oder kleiner Bosporus bezeichnet. Daher auch der antike Name Bosporanisches Reich.


Karte der Krim und der Strasse von Kertsch

Die Strasse von Kertsch hat einen regen Schiffsverkehr, da alle Frachtschiffe mit Gütern aus dem Osten der Ukraine (Haupthafen: Mariupol) und aus Südrussland (Rostow am Don) diese Meerenge passieren müssen, wenn Sie in's Schwarze Meer wollen. Heute gibt es einen Fährbetrieb für Personen, Güterzüge und Autos zwischen Russland und der Ukraine und die Kertscher träumen bis heute noch von einem Tunnel oder einer Brücke zwischen Kertsch und Russland. Im April 1944 wurde zwar mit dem Bau einer Eisenbahnbrücke begonnen, doch da die Brücke aber über keine Eisbrecher verfügte, wurde sie im Februar 1945 bei Eisgang aus dem Asowschen Meer zu 30% zerstört und danach wieder abgebrochen.


Blick auf Strasse von Kertsch, Insel Tusla (Mitte) und russische Küste (Hintergund)


Inmitten der Strasse von Kertsch liegt die strategisch wichtige Insel Tusla (2km lang, 300m breit), welche die Kontrolle über die Meerenge erlaubt. Die Insel trennte sich erst in den 1920-er Jahre durch Erosion vom russischen Festland (Tuman-Halbinsel). Da die Insel heute ukrainisch ist, kann die Ukraine die Fahrrinne der Meerenge kontrollieren und Gebühren von russischen Schiffen verlangen und ausserdem werden unter der Strasse von Kertsch grosse Erdgasvorkommen vermutet. 2003 gab es hier einen ernsthaften Konflikt mit Schiessereien zwischen russischen und ukrainischen Truppen, als Russland begann, einen Strassendamm auf die Insel zu bauen. Die Ukraine verstärkte daraufhin ihren Grenzposten militärisch und liess mit einem Schwimmbagger die Meerenge zwischen Insel und russischem Festland vertiefen.


Antike griechische Tempel-Ruine von Pantikapaion


Ebenfalls auf dem Berg Mitridat befinden sich Überreste der antiken griechischen Hauptstadt Pantikapaion des antiken Bosporanischen Reichs. Diese Ruinen der Akropolis und des Königspalastes stammen dabei aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. Die Ausgrabungen der Ruinenstätte begannen 1830. Bei den archäologischen Untersuchungen im 19. und 20. Jahrhundert entdeckte man auch die Nekropole (Totenstadt) und stiess auf zahlreiche gut erhaltene Münzen, Stelen und Vasen.


Siegessäule auf dem Berg Mitridat


Im Zweiten Weltkrieg war Kertsch hart umkämpft. Die Stadt war ein sowjetischer Brückenkopf und wurde erstmals nach hartem Widerstand im November 1941 von der Wehrmacht erobert. Am 30. Dezember wurde Kertsch von der Roten Armee durch eine Seelandung zurück erobert. Im Mai 1942 wurde Kertsch abermals von der Wehrmacht erobert, aber versprengte Truppen leisteten in den Klippen und in den Katakomben bis Oktober 1942 weiterhin Widerstand. Am 31. Oktober 1943 scheiterte eine weitere sowjetische Seelandung. Während der deutschen Besatzung wurden 15,000 Einwohner getötet und weitere 14,000 deportiert. Diese Ereignisse wurden auch als Beweise im Nürnberger Prozess verwendet. Die grösstenteils zerstörte Stadt wurde schlussendlich am 11. April 1944 befreit und wurde 1973 zur Heldenstadt erklärt und auf dem Berg Mitridat wurde eine weit herum sichtbare Siegessäule errichtet.


Monumentaler Eingang zu den Katakomben


Im Herbst 1942 verschanzten sich 20'000 bis 30'000 versprengte sowjetische Soldaten in einem alten Bergwerk (eigentlich ein Steinbruch, der heute als Katakomben bezeichnet wird), da diese Truppen sich nicht mehr über die Strasse von Kertsch absetzen konnten. Diese eingeschlossenen sowjetischen Truppen leisteten unter härtesten Bedingungen (fast keine Nahrung und Munition und auf engstem Raum) mehrere Monat erbitterten Widerstand und hofften auf eine nicht erfolgte sowjetische Befreiung. Um diesen Widerstand zu brechen, setzte die deutsche Wehrmacht Giftgas ein und vergaste alle 20'000 bis 30'000 sowjetischen Soldaten (dieses Massengrab wird deshalb als Katakomben bezeichnet). Dieses u.a. auch sowjetische Versagen wurde erst in den frühen 1970-er Jahren aufgearbeitet. Es erfolgten Ausgrabungen in diesen Katakomben und der Widerstands- und Opferwille dieser Soldaten wurde glorifiziert und ein monumentales Monument wurde über dem Eingang der Katakomben errichtet.


Plan der Katakomben von Kertsch


In der Nähe der Katakomben befindet sich auch ein Kurgan, ein Grabhügel der Skythen aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. Die Skythen waren die Urbevölkerung der Krim und der Südukraine, waren ein persisches Nomadenvolk und lebten in Kertsch zur gleichen Zeit wie die antiken Griechen.


Aussenansicht des Zaren-Kurgans von Kertsch


In den Kurganen, die durchaus mit ägyptischen Pyramiden verglichen werden können, hatte es eine Grabkammer mit reichen Grabbeigaben, welche heute als das "Gold der Skythen" bezeichnet wird. Ein Kurgan hat dabei einen Kern aus grossen, bearbeiteten Steinen, der aber ohne Mörtel gebaut wurde und der sehr einer ägyptischen Pyramide gleicht. Um diesen Kern herum hatte es eine Erdschicht, so dass der Kurgan von aussen wie ein normaler Hügel aussieht.


Eingang zum Zaren-Kurgan


Etwas ausserhalb von Kertsch, an der engsten Stelle der Strasse von Kertsch und unweit des Beginns des Asowschen Meeres, befindet sich die türkische Festungsanlage Jenikale aus dem 17. Jahrhundert. Diese riesige, rund einen Quadratkilometer grosse Anlage wurde von den Franzosen für die Türken gebaut, als die russische Flotte unter Zar Peter dem Grossen das Asowsche Meer in Richtung Schwarzes Meer verlassen wollte. Mit dieser Artilleriefestung und ihren Kanonen konnten die Türken den Ausgang des Asowschen Meeres kontrollieren.


Teil der Festungsanlage Jenikale


Historisch gesehen führte dies zum Entschluss Peters des Grossen, den Meeresanstoss des russischen Reichs in Richtung Norden (d.h. Ostsee) zu suchen, was bekanntermassen mit der Gründung Sankt Petersburg endete. Vielleicht wäre Sankt Petersburg hier gegründet worden, wenn die Türken nicht diese Festung gebaut hätten...


Festungsanlage, Strasse von Kertsch, Frachter und russische Küste


Trotz dieser spannenden Geschichte mit vielen Sehenswürdigkeiten gehen heute leider nur wenige Touristen nach Kertsch. Kertsch erhielt nach dem Zweiten Weltkrieg auch von Josef Stalin keine Aufbauhilfen, weshalb die Kertscher mit ihren bescheidenen eigenen Mitteln die fast komplett zerstörte Stadt wieder aufbauen mussten. Die Trinkwasserversorgung von Kertsch ist bis heute problematisch ("saures" Wasser) und erst vor wenigen Jahren wurde Kertsch an die Gasversogung des Landes angeschlossen.

Mittwoch, 15. August 2007

Marinemaler Aiwasowski

Der Grund, weshalb wir auf der ukrainischen Halbinsel Krim gerade nach Feodossija (Феодосия) gegangen sind, liegt eigentlich in der Tatsache, dass in dieser Stadt der bekannte Marinemaler Iwan Konstantinowitsch Aiwasowski (Иван Константинович Айвазовский) gelebt hat und es dort ein grosses Museum mit seinen Bildern gibt. Denn meine Frau liebt sehr die Bilder dieses aussergewöhnlichen und im Westen leider nicht so bekannten grossen russisch-armenischen Malers.


I. Aiwasowski - Selbstportrait (1881)


Aiwasowski wurde 1817 in Feodossija als Sohn armenischer Eltern geboren. Er wurde schon früh als Maler von der Familie und später vom russischen Stadtkommandanten von Feodossija gefördert. Schon mit 16 konnte er die Russische Akademie der Künste in Sankt Petersburg besuchen. Auf persönlichem Wunsch von Zar Nikolaus I. von Russland wurde auch der französische Marinemaler Philippe Tanneur Aiwasowskis Lehrer. Auch andere Maler und Schriftsteller förderten ihn.


I. Aiwasowski - Zwischen den Wellen (1898)


Ein grosszügiges Reisestipendium durch den Zarenhof ermöglichte es Aiwasowski 1839 über Berlin, Dresden, Wien, Triest, Venedig und Florenz nach Rom zu reisen, um dort die antiken Meister zu studieren. Er kehrte im Frühjahr 1841 aus Rom zurück und besuchte im darauf folgendem Jahr London, wo er sich einige Wochen aufhielt. Seine Rückreise führte ihn über Lissabon und Madrid wieder nach Rom zurück. Später reiste Aiwasowski auch in die USA, die Türkei, Ägypten und Neapel.


I. Aiwasowski - Brig Mercury, angegriffen von zwei türkischen Schiffen (1892)


Bereits in seinen frühen Werken konnte Aiwasowski aus dem Schatten seiner Lehrer treten und einen eigenen Weg finden. Ein Grossteil seines Werks nehmen die sogenannte "Marinen" ein, in denen er trotz Befriedigung der herrschenden Mode einen eigenen Stil bewahren konnte. Anlässlich einer Audienz bei Zar Nikolaus I. wurde er 1844 von diesem zum Maler des Marinestabes ernannt. An seinem 30. Geburtstag wurde er 1847 mit dem Titel "Professor" geehrt. In diesem Jahr liess er sich auch in seiner Heimatstadt Feodossija nieder, wo er sich ein Landgut mit einem grossen Atelier errichten hatte lassen. Später erhielt er den Titel eines Admirals der zaristischen Flotte und die höchsten Orden Russlands. Auch wurde ihm die ehre Zuteil, für die Uffizien in Florenz ein Selbstporträt zu malen.


I. Aiwasowski - Jalta bei Nacht


Aiwasowski schuf während seines Lebens rund 6'000 Bilder - viele davon in sehr grossen Formaten. Schon zu Lebzeiten wurde er nicht nur in Russland, sondern auch in Westeuropa mit höchsten Auszeichnungen geehrt und konnte zum Beispiel seine Bilder an den Zarenhof, den Papst, viele Adeligen und Industrielle verkaufen. Aiwasowski starb 1900 im Alter von 83 Jahren in Feodossija und konnte bis an sein Lebensende seiner Kunst nachgehen.


Aiwasowski Museum in Feodossija mit Aiwasowski Denkmal


Aiwasowski war zeitlebens sehr eng mit seiner Heimtstadt Feodossija verbunden und war ihr auch sehr dankbar, da diese ihn in jungen Jahren gefördert hatte. Aiwasowski sponserte 90% der Erträge aus dem lukrativen Verkauf seiner Bilder für wohltätige Zwecke und liess zum Beispiel Schulen, Gymnasien und Brunnen in Feodossija bauen. Schon zu Lebzeiten liess Aiwasowski ein Museum nach eigenen Plänen bauen und schenkte der Stadt eine ausgewählte Sammlung seiner besten Bilder, die bis heute in Feodossija besichtigt werden kann. Alle obigen Bilder mit Jahreszahlen koennen in diesem Museum im Original bewundert werden.


Aiwasowski Brunnen in Feodossija


Ebenfalls heute steht und funktionert noch der Aiwasowski Brunnen, der früher Feodossija mit frischen Trinkwasser versorgte, dass Kilometer entfernt auf seinem Landgut erfasst und über Röhren aufwendig in die Stadt transportiert wurde.


Romanische Kirche, in der Aiwasowski getauft wurde


Als Aiwasowski 1900 starb, fand die Abdankung in seinem Museum statt und er wurde im Garten der romanischen Kirche beerdigt, wo er als Kind auch getauft worden war. Noch bis heute wird das Grab von vielen Menschen besucht.


Grab von Aiwasowski im Garten der Kirche

  • Blog: Feodossija: Link

Dienstag, 14. August 2007

Feodossija

Feodossija (Феодосия) war der erste Ort auf der ukrainischen Schwarzmeer Halbinsel Krim, welchen wir nach vier Tagen in Odessa (Одесса) besucht haben. Insgesamt sind wir knapp eine Woche hier in einem Hotel etwas ausserhalb der Stadt geblieben.

Feodossija ist eine 2600 Jahre alte Hafenstadt und somit eine der ältesten Städte Europas. Feodossija wurde im 6. Jahrhundert v. Chr. von griechischen Kolonisten aus Milet als Theodosia (Θεοδοσία) gegründet. Feodossija wurde in chronologischer Reihenfolge von folgenden Völkern beherrscht: Griechen, Römer, Goten, Byzantiner, Mongolen (Goldene Horde), Venezianer, Genueser, Türken (Name der Stadt: Kaffa/Caffa), Krimtataren (Name der Stadt: Kefe), Russen, Ukrainer. Die Waräger nutzten die Stadt zur Verschiffung von Sklaven.


Blick auf Altstadt, Hafen und Bucht von Feodossija


Es wird vermutet, dass die Pest im Mittelalter vom damaligen Kaffa aus den europäischen Ursprung hatte, als infizierte Genueser Flüchtlinge diese nach einer mongolischen Belagerung im Jahr 1346/1347 entlang der Handelswege der Genueser Kolonien verbreiteten.


Überreste der Genuesischen Festung und Schwarzes Meer



Genuesische Festung vom Schwarzen Meer aus gesehen


Feodossija hat bis heute noch einen Hochseehafen und gilt als touristisches Zentrum der östlichen Krim. Feodossija hat rötliche Sandstrände, die wegen zermalenen Muscheln diese spezielle Farbe hat und auch "Goldener Strand" genannt wird. Bis heute hat es noch sehr viele russische Touristen in Feodossija und es gibt auch eine direkte Zugsverbindung Feodossija-Moskau. Da die Krim erst 1954 von der Russischen SFSR an die Ukrainische SFSR übertragen wurde, ist die Krim fast ausschliesslich russischsprachig. Ukrainisch findet man im Gegensatz zu Kiew fast nie im Alltagsleben.


Ein Strand etwas ausserhalb von Feodossija


In Feodossija endet auch das 150 km lange und an ihrer höchsten Stelle 1545 m hohe Krimgebirge. Die letzten Ausläufer des Krimgebirges enden unmittelbar vor Feodossija.


Küste mit Krimgebirge und russischer Radaranlage vor Feodossija


Die Stadt war sehr mondän bis vor dem Zweiten Weltkrieg mit vielen Villen und Jugendstilhäusern. Das Stadtzentrum wurde aber zu 90% während des Krieges zerstört.


Strandpromenade mit Villen und Stadtstrand



Strandpromenade bei Nacht


Aus Feodossija stammt der bekannte russische/armenische Marinemaler Iwan Konstantinowitsch Aiwasowski (Иван Константинович Айвазовский). In Feodossija haben auch eine gewisse Zeit lang die berühmten russischen Schriftsteller Anton Pawlowitsch Tschechow (Антон Павлович Чехов) und Alexander Sergejewitsch Puschkin (Алекcандр Сергеевич Пушкин) gelebt.


Der Stambul Palast von Feodossija

  • Blog: Marinemaler Aiwasowski: Link