Sonntag, 31. August 2008

Fussball und Politik

Diese Woche fand in Kiew ein Fussballspiel zwischen Dynamo Kiew (Динамо Киев) und Spartak Moskau (Спартак Москва) statt. Traditionell sind die Fans dieser beiden Fussballclubs miteinader verfeindet. Aber vielleicht zeigt auch das Verhalten der Fans viel über die politische Befindlichkeit der Kiewer aus. So zeigten die Kiewer ein Plakat, auf dem folgendes geschrieben war: "Die Hauptstadt des Kiewer Rus begrüsst die Gäste aus der Provinz". Und des weiteren schwenkten die Dynamo Fans grosse georgische Fahnen...


"Die Hauptstadt des Kiewer Rus begrüsst die Gäste aus der Provinz"


Am Rande sei noch erwähnt, dass Dynamo Kiew 4:1 gegen Spartak Moskau gewonnen hat. Ich persönlich habe das Fussballspiel nicht gesehen, bin aber im Auto auf dem Weg nach Hause am Stadion vorbei gefahren und war beeindruckt, wie viele Polizisten vor dem Stadion gestanden sind.


Georgische Fahnen während des Fussballspiels

Werbespot im Hinterhof

Heute Abend haben wir recht gestaunt, als plötzlich der Hinterhof trotz Dämmerung taghell erleuchtet war. Beim genäueren Hinsehen haben wir festgestellt, dass ein Haus, welches an den Hinterhof angrenzt, durch grosse Scheinwerfer erläuchtet wird. Und inmitten des Hinterhofs stand ein Polizeiauto.


Blick aus unserer Wohnung auf den erläuchteten Hinterhof


Zuerst dachte ich, dass es sich hier um einen Tatort handeln könnte. Da nun meine Neugier als Gaffer geweckt worden war, wollte ich der Sache auf den Grund gehen und ging nun selbst auf den Hinterhof hinunter. Doch als ich mich dem "Tatort" näherte, stand dort ein grosser Lastwagen mit der Aufschrift "Fernsehen". Und als wir eine dort sitztende Person fragten, wass denn hier gedreht wird, sagt dieser achselzuckend, dass hier "nur" ein Werbespot gedreht wird...


Detailansicht: Schweinwerfer mit Moskwitsch

Samstag, 30. August 2008

Kiewer Liebesbrücke

Beim Kreschtschatik Park (Крещатий парк), oberhalb des Europaplatzes (Эвропейвська площа) und ganz in der Nähe des Dynamo Fussballstadions, hat es in luftiger Höhe eine kleine Fussgängerbrücke über die Petrivska Allee/Parkstrasse (петрівська алея/Паркова дорога). Von dieser Brücke aus hat man dabei einen atemberaubenden Ausblick auf den Dnjepr und das linksufrige Kiew.


Blick auf die Liebesbrücke


Ich kenne dabei dieser Brücke seit meinem ersten Besuch in Kiew im Jahr 2001. Und auch ich verbinde mit dieser Brücke romantische Erinnerungen. Als wir die Brücke nach langer Zeit wieder einmal aufgesucht haben, haben wir festegestelt, dass nicht nur wir diese Brücke romantisch finden... Kommt man auf die Brücke, steht dort auf den Boden folgende Auffordrung geschrieben:

"Stop! Liebesbrücke! Sprechen Sie die Wörter zärtlich aus, küssen Sie sich."


Auf den Boden der Brücke geschriebene Aufforderung


Auf der Brücke selbst, hängen am Geländer hunderte von Vorhängeschlösser aller Grössen und weisse Schlaufen, die mit den Namen der sich liebenden und dem Datum des Aufhängens beschriftet sind. Dies soll wohl symbolisch ein Schloss für die Liebe sein, damit sich die sich liebenden nicht wieder trennen können...


Geländer voller Vorhängeschlösser und weisse Schlaufen


Wirklich ein wunderschöner Brauch, den ich so zum ersten Mal gesehen habe. Da alle Vorhängeschlösser, die ich gesehen habe, in diesem Sommer datiert wurden, denke ich, dass dieser Brauch noch nicht so alt hier in Kiew ist. Und da uns die Brücke ja auch sehr gut gefällt, haben wir uns vorgenommen, bei Gelegenheit auch ein Schloss an die Brücke zu hängen, solange es noch genügend Platz dort hat...


Detailansicht der Vorhängeschlösser und Schlaufen am Geländer

Freitag, 29. August 2008

Danke, Angela!

Die Stammleser meines Blogs mögen sich vermutlich noch gut an die heftige Diskussion zu meinem Blog-Beitrag "Warum ist Deutschland gegen die Ukraine?" erinnern. Vielleicht hatte ich ja damals gar nicht so unrecht. Denn mit einer klaren Perspektive für einen NATO-Beitritt der Ukraine und Georgiens wäre es vermutlich nicht zum Kaukasus-Konflikt und neuem "Kalten Krieg" gekommen... Aber wenn das Wörtchen wenn nicht wär...


Bundeskanzlerin Merkel zu Besuch in Georgien


In den letzen Tagen musste ich recht staunen über die EU-Politiker. Dass die EU gemerkt hat, dass eine reale Gefahr von Russland gegen die Ukraine ausgeht, hat mich wirklich positiv überrascht. Und das Bundeskanzlerin Merkel ihre Meinung betreffend eines NATO-Beitritts der Ukraine geändert hat, wird nicht nur von mir hier in der Ukraine mit Genugtuung und Freude aufgenommen. Und dass der französische Aussenminister die Krim-Problematik (dort stationierte russische Schwarzmeerflotte, welche gegen Georgien eingesetzt wurde und einrussische Minderheit) anspricht und der britische Aussenminister sogar dieser Tage nach Kiew kam, wäre vor dem Konflikt undenkbar gewesen. Bisheriger Höhepunkt war die Aussage des EU Erweiterungs-Kommissars, dass der Ukraine eine klare Perspektive für den EU-Beitritt aufgezeigt werden muss.

Auch wenn ich denke, dass diese Ausssagen im unmittelbaren Eindruck der Krise gemacht wurden, sind die Töne doch neu. Es fragt sich aber, ob der Ukraine immer noch der NATO- und EU-Beitritt angeboten wird, wenn sich die ganze Lage wieder etwas beruhigt hat. Zu befürchten ist das leider. Nur gut, dass schon nächste Woche der EU-Sondergipfel und im Dezember der NATO-Gipfel stattfindet.

Im Moment ist natürlich der Kaukasus-Konflikt das grosse Thema hier in der Ukraine. Und das nicht nur hier in Kiew. Auch Freunde aus dem Osten des Landes beschäftigen sich intensiv damit. Ich frage mich, ob ein NATO-Beitritt der Ukraine unter dem Eindruck der Krise nun eine Mehrheit in der ukrainsichen Bevölkerung erlangt hat oder nicht. Leider gibt es im Moment noch keine neuen Umfragen dazu.

Heute haben wir im Büro eine Begebenheit disskutiert. Die russische Presse hat nach dem NATO-Gipfel in Bukarest von einem persönlichen Gespräch zwischen Wladimir Putin und George W. Bush berichtet. Dabei soll Wladimir Putin gesagt haben: "Verstehst Du denn nicht, George, die Ukraine ist nicht einmal eine Nation. Was ist die Ukraine? Ein Teil ihres Gebietes ist Osteuropa, und ein anderer Teil, ein beträchtlicher Teil, haben wir gegeben." Ich denke das sagt sehr viel über die Denkweise der russischen Elite aus. Und heute hat der russische Aussenminister von Moldawien, der Ukraine und der Krim gesprochen. Als wäre die Krim nicht integraler Bestandteil der Ukraine... Kein Wunder, dass man sich hier schon etwas Sorgen macht!
  • Blog: Warum ist Deutschland gegen die Ukraine? Link
  • Blog: Ferienberichte aus der Krim: Link
  • Der Spiegel: Wie groß ist die Gefahr für die ukrainische Halbinsel Krim? Link

Sonntag, 24. August 2008

Parade zum Unabhängigkeitstag

Am heutigen 24. August, dem Unabhängigkeitstag der Ukraine, und ukrainischen Nationalfeiertag, fand um 10:00 Uhr mitten im Stadtzentrum von Kiew auf dem Kreschtschatik-Boulevard eine grosse Militärparade statt.


Kadetten der Marine


Eine solche Parade findet zwar jedes Jahr statt, dieses Jahr war sie aber besonders gross. Schon am Dienstagabend und am Donnerstagabend war dafür geprobt worden. Dazu wurde das ganye Stadtzentrum gesperrt, was natürlich zu einem völligen Chaos des Feierabendverkehrs führte. Anstatt den üblichen 15 bis 20 Minuten, die ich zum nach Hause fahren brauche, brauchte ich mehr als zwei Stunden. Im Stadtzentrum ging es nur noch im Schritttempo vorwärts...


Blick auf den Kreschtschatik-Boulevard mit aufgestellten Truppen


In Anbetracht des Georgien-Konflikts, der ja nicht allzu weit von der Ukraine entfernt ist, und wo das offizielle Ukraine klar Stellung für Georgien bezogen hat, war das ganze schon etwas speziell. Einen direkten Zusammenhang gibt es aber nicht, da diese Parade schon lange vor dem Ausbruch des Georgien-Konflikts geplant worden war.


Kommandaten der Infanterie mit Standarte


Trotzdem musste ich an diesen Konflikt denken, und anscheinend war ich nicht der einzige. Gerade hinter mir sagte jemand, dass er hoffe, diese Kriegstechnik nur an einer Parade zu sehen... Wie recht er doch hatte! Denn die ehemals russische Krim mit der immer noch dort stationierten russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol birgt genügend Konfliktpotential mit den Russen. Bleibt nur zu hoffen, dass nun die Ukraine eine klare Beitrittsperspektive am nächsten NATO-Gipfel bekommt. Siehe hierzu auch meinen früheren Blogbeitrag mit reger Diskussion (Warum ist Deutschland gegen die Ukraine?). Frau Merkel scheint ja zum Glück nach dem Georgien-Konflikt lernfähig zu sein...


Infanterie-Kadetten


Ich war das erste Mal an einer solchen Parade und war überrascht, wieviel Leute diese sehen wollten. Ehrlich gesagt war es ein Problem, einen Platz mit Ausblick auf die Parade zu finden. Schlussendlich stand ich balancierend auf der Lehne einer Bank, von meiner Frau gestützt, damit ich nicht runter gefallen bin... Aber wie die Fotos belegen, hatte ich von dort aus einen relativ guten Blick auf die Parade.


Verteidigungsminister inspiziert die Truppe im ZiL-114 Cabriolet


Die ersten dreissig Minuten passierte relativ wenig. Anschienend hielt der ukrainische Präsident auf dem Maidan eine Ansprache, die ich aber nich hören konnte. Irgendwann ging es dann los und der ukrainische Verteidigungsminister und der Kommandant der Parade inspizierten die aufgestellten Truppen. Der Minister und der General fuhren dabei in alten sowjetischen ZIL Limousinen, welche ich eigentlich nur aus Dokumentarfilmen kenne... Der Wagen hielt jeweils vor den einzlenen Truppen der verschiedenen Waffengattungen an und die Soldaten sprachen einen Eid mit viel lauten "Hurra!" Schreien. Etwas, was man so nicht im Westen kennt...


Infanteristen an der Parade


Nach einer weiteren Pausen traten die Soldaten aus ihrer Formation am Rande des Kreschtschatik heraus und stellten sich in der Mitte des Kreschtschatik-Bouelevards zur Paradeformation auf. Nach einer weiteren Pause marschierten sie unter dem im Chor gesagten Kommando "eins, zwei, drei, vorwärts!" in Richtung Maidan davon.


T-80 Kampfpanzer


Kurz nachdem die Soldaten vorbei marschiert waren, kam auch schon die "Militärtechnik" vorbeigerollt. Truppentransporter, Schützenpanzer, Kampfpanzer, Panzerhaubitzen, Flak-Panzer und sehr viele verschiedene Arten von Raketenwerfern.


2S19 Msta-S Panzerhaubitzen



SA-19 Tunguska Flugabwehrpanzer

Ich war ehrlich gesagt überrascht, wieviele verschiedene Arten von Raketen die ukrainische Armee hatte. Es war mir zwar bekannt, dass die ukrainische Armee die in der Ex-UdSSR typischen Mehrfachraketenwerfer hat, die auch jüngst im Georgien-Konflikt zum Einsatz kamen. Aber das die Ukraine auch über balistische taktische Raketen verfügt, hat mich doch etwas überrascht.


Mehrfach Raketenwerfer BM-27 Uragan



Taktische Boden-Boden OTR-21 Raketen Totschka (SS-21 Scarab)


Boden-Luft S-300PS Raketen (SA-21)


Mechanisierte Flugabwehrraketen 9K37 Buk-M1


Am Schluss der Parade, nachdem alle Bodentruppen vorbei marschiert und gefahren waren, kam noch die Luftwaffe dran. Ich wusste dies schon im voraus, denn schon an zwei Tagen der vorangegangenen Woche sind Militärflugzeuge im Tiefflug über das Kiewer Stadtzentrum geflogen. Insgesamt ein wirklich sehr interessantes, aber auch spezielles Ereignis.


Mil Mi-24 Kampfhelikopter



Il-76MD Transportfugzeug mit Su-27 Begleitschutz



Suchoi Su-25 Jagdbomber



Mikojan-Gurewitsch MiG-29 Luftüberlegenheitsjäger



Suchoi Su-27 Mehrzweckkampfflugzeug