Montag, 31. Dezember 2007
Mittwoch, 26. Dezember 2007
Kinderweihnachten
In der Ukraine werden an "unseren" Weihnachten (24. - 26.12.), die hier ja ganz normale Arbeitstage sind, traditionell die Weihnachtsfeiern in den Schulen und Kindergärten abgehalten. Diese finden u.a. auch nicht vor den orthodoxen Weihnachten (am 7.1.) statt, da dann hier die Weihnachtsferien sind und somit die Kinder bei ihren Eltern sind. Ausserdem werden die orthodoxen Weihnachten erst seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion so richtig gefeiert und sind deshalb mehr ein religiöses als ein Familienfest.
Da unsere 3.5 Jahre alte Tochter nun in den (öffentlichen) Kindergarten geht, konnte ich das erst Mal die Weihnachtsfeiern an einem ukrainischen Kindergarten besuchen. In der Ukraine ist es normal, dass Kinder ab dem 3. jahr in einen öffentlichen Kindergarten gehen. Dabei muss vielleicht noch erwähnt werden, dass sich der Kindergarten meiner Tochter in einem wunderbaren, grosszügigen hellblauen Gebäude an ruhiger Lage befindet. Dazu gehört auch ein schöner Garten mit wunderbarer Aussicht über den Dnjepr. Ebenfalls für mich anfänglich ungewohnt an den ukrainischen Kindergärten war die Tatsache, dass man die Kinder am Morgen bringen und erst am Abend wieder abholen kann (aber nicht muss). Damit die Kleinen trotzdem zu ihrem Mittagsschläfchen kommen, hat es dafür Schlafzimmer mit kleinen Betten.
Grosser, dekorierter Saal des Kindergartens während der Aufführung
(ganz links: Djed Moros, ganz rechts: Schneeflöckchen)
Ebenfalls speziell ist, dass sich die Kinder zu dieser Feier speziell hübsch anziehen. Dies können sowohl schöne Kleider oder auch Kostüme sein. Auch wenn dies aus Schweizer Sicht sicher etwas kitschig ist, finde ich es einen schönen Brauch, da die Kinder sich wirklich sehr darüber freuen - und das ist ja wohl das wichtigste! Die Aufführungen an den Weihnachten sind dabei wie vermutlich überall auf der Welt: Tanzen, Singen und Verse vortragen. Und natürlich darf auch der Auftritt des Weihnachtsmanns, der hier Djed Moros (Дед Мороз = Väterchen Frost) heisst, fehlen. Dabei bringt Väterchen Frost den Kinder natürlich offiziell erst am 31.12. die Geschenke. Väterchen Frost wird von seiner Enkelin Snegurotschka (Снегурочка = Schneeflöckchen) begleitet. Beide Figuren wurden ausserdem erst von den Kommunisten im 20. Jahrhundert als Gegenpol zum traditionell westlichen St. Nikolaus aufgebaut - hält sich aber, wie man sieht, auch heute noch unangefochten in der Ukraine.
Kategorien: Alltagsleben
Montag, 24. Dezember 2007
Weihnachtsgrüsse aus Kiew
Ich wünsche allen meinen Bekannten, Freunden, Familienangehörigen und Lesern dieses Blogs frohe Weihnachten.
Nachfolgend passend zur Stimmung noch ein paar Bilder der schönsten Weihnachtsbäume in Kiew.
Vielleicht noch interessant: Die hier abgebildeten Tannen sind nicht 100% echt. Der Stamm ist eine spezielle Stahlstange mit Halterungen, in welche man dann exakt zugesägte Tannenäste hineinsteckt. Nur deshalb sehen die Tannen hier in der Ukraine so perfekt symmetrisch aus!
Kategorien: Kommentare
Sonntag, 23. Dezember 2007
Fondue essen in Kiew
Etwas, was man als Auslandschweizer wirklich von Zeit zu Zeit vermisst, sind typisch schweizerische Gerichte, die man nicht so einfach kochen kann. Ein Birchermüesli oder ein Zürcher Geschnetzeltes kann man sich ja selber zu Hause zubereiten, aber bei einem Fondue oder Raclette ist das leider nicht ganz so einfach...
Nun habe ich aber zum Glück in Kiew ein Restaurant gefunden, wo es richtiges Käsefondue gibt! Und interessanterweise habe ich den Tipp von einem Engländer erhalten, der schon neun Jahre hier in Kiew lebt.
Sinnigerweise heisst das Restaurant "Fondue Bar" (Фондю Бар) und befindet sich im Globus Einkaufszentrum unter dem Maidan, genau gesagt im Bereich der grossen Kuppel mit Globus. Das Restaurant ist dabei absolut stylisch eingerichtet (siehe Fotos) und im Hintergrund hört man coole Fast Beats. Also nichts mit rustikaler Einrichtung und Schweizerörgeli und somit ein ganz neues Fondue Erlebnis im Restaurant.
Natürlich hatte ich bei diesem doch recht ungewohnten Ambiente meine Bedenken, ob man da auch ein richtiges Käsefondue mit allem Drum und Dran bekommt. Auch die Auswahl an Käsefondues ist etwas ungewohnt, so gibt es neben dem klassischen Fondue auch ein Fondue mit italienischen Käsen. Ein explizites Schweizerisches Fondue hat es ausserdem überhaupt nicht auf der Menükarte und nach Vacherin und Greyerzer sucht man vergebens. Da wir uns nicht sicher waren, welches nun das beste Fondue ist, haben wir ein klassisches und ein italienisches Käsefondue bestellt.
Wie obiges Bild zeigt, wird das Fondue dabei stilecht in einem Caquelon mit Brot und Fonduegabeln serviert. Und das klassische Fondue kommt geschmacklich recht nahe an ein Schweizer Fondue heran. Das italienische hingegen ist recht süsslich und somit im Geschmack doch recht ungewohnt.
Natürlich habe ich mich sehr gefreut, nach zwei Jahren endlich wieder einmal ein Fondue essen zu können. Dies war vermutlich das grösste Weihnachtsgeschenk, das ich mir machen konnte! Und ich empfehle jedem Heimwehschweizer hier in Kiew dieses Restaurant zu besuchen.
Natürlich habe ich mich sehr gefreut, nach zwei Jahren endlich wieder einmal ein Fondue essen zu können. Dies war vermutlich das grösste Weihnachtsgeschenk, das ich mir machen konnte! Und ich empfehle jedem Heimwehschweizer hier in Kiew dieses Restaurant zu besuchen.
Kategorien: Kulinarisches, Schweiz
Luxusmeile unter dem Maidan
Das Globus Einkaufszentrum ist nur eines von vielen luxuriösen Einkaufszentren, die in den letzten Jahren in Kiew im Stile amerikanischer Shopping Malls entstanden sind. Speziell am Globus Einkaufszentrum ist dabei die exklusive Lage direkt unter dem Maidan.
Wer sich schon gefragt hat, was die Glaskuppeln auf der Nordseite des Maidan sollen, findet die Antwort hier im Untergrund. Die Kuppeln sollen Licht spenden für die Passagen des Globus Einkaufszentrums.
Die Geschäfte bieten dabei ausschliesslich teure westliche Produkte an, welche sich vermutlich nur die wenigsten Ukrainer leisten können. Trotzdem ist das Einkaufszentrum fast immer überfüllt mit Leuten. Vermutlich schauen sich die meisten Leute mehr die Geschäfte an als dass sie sich etwas kaufen... Und natürlich herrscht auch hier in Kiew im Moment vorweihnachtliche Hektik, was sicherlich mit ein Grund für die vielen Leute ist. Aber auch sonst hat es immer viele Leute hier.
- Web: Website des Einkaufszentrums: Link
Kategorien: Alltagsleben
Samstag, 22. Dezember 2007
Alte Kiewer Festung
Heute habe ich einen gut erhaltenen Teil der alten Kiewer Festung (Киевская крепость oder Киевская фортеця), einer historischen Befestigungsanlage von Kiew aus dem 18. Jahrhundert, besichtigt. Diese Schanze befand sich vor der Altstadt auf einem strategisch gut gelegenen Hügel.
Die Festung liegt dabei an der улица госптеальная (Spitalstrasse) in der Nähe verschiedener bekannten Hotels (Hotel Rus, Hotel President). Obwohl die Festung zwar auf dem Stadtplan eingezeichnet ist, ist sie nicht ganz einfach zu finden. Nach etwa 20 Minuten Suchen und dem Fragen eines älteren Anwohners habe ich sie dann aber doch noch gefunden.
Und obwohl ich nun doch schon fast zwei Jahre hier in Kiew lebe, habe ich diese interessante Anlage noch nicht besucht. Und ein Besuch lohnt sich wirklich. Einerseits ist die Anlage sehr eindrücklich, andererseits hat man einen sehr schönen Ausblick auf das Zentrum von Kiew.
Die Festung ist dabei recht gross und gut erhalten. Besonders eindrücklich ist auch das aufwendige Grabensystem rund um die Festung.
Diese Festung war dabei nur eine von mehreren Festungen rund um das historische Kiew. Beim Kiewer Höhlenkloster (Lawra), respektive dem Mat Rodina Monument, befand sich dabei die grösste Befestigungsanlage von Kiew.
Auf dem Wall hat es dabei mehrere historische Kanonen aufgestellt. Irgendwie hat mich das ganze ein bisschen an den Munot in meiner Heimatstadt Schaffhausen erinnert. Der Munot ist ja ebenfalls eine Festungsanlage - zwar aus der Renaissance - und genau gleich mit alten Kanonen auf der Zinne.
Kategorien: Geschichte, Sehenswürdigkeiten
Dienstag, 18. Dezember 2007
Neue Kiewer Hymne
Ein Lied höre ich im Moment besonders gerne im Radio und auch sonst höre ich es oft. Es heisst "in Kiew ist Herbst" ("В Киеве осень") und ist von Natalja Mogilewskaja (Наталья Могилевская). Dieses Lied ist so etwas wie die inoffizielle Kiewer Hymne für mich geworden... Da das Lied hier in Kiew anscheinend sehr beliebt ist - wer wundert sich schon bei diesem Titel darüber ;-) - gibt es unterdessen auch schon alle möglichen Versionen davon - Disco, Extended, Latino Mix, etc. Это круто!
Kategorien: Videos
Julia ist (wieder) Ministerpräsidentin
Julia Timoschenko (Юлія Володимирівна Тимошенко) ist heute vom ukrainischen Parlament, der Werchowna Rada (Верховна Рада), mit der absolut tiefstmöglichen Zahl von Stimmen (226 von 450 Abgeordneten) zur Ministerpräsidentin gewählt worden. Wegen angeblichen technischen Problemen des elektronischen Wahlsystems wurde einzeln per Handzeichen gewählt. Das nachfolgende Video zeigt die heutige Entscheidung. Julia ist nach 2005 nun schon zum zweiten Mal Ministerpräsidentin der Ukraine.
Dienstag, 11. Dezember 2007
Video: Timoschenko im 1. Anlauf gescheitert
Heute hat das ukrainische Parlament, die Werchowna Rada (Верховна Рада), über Julia Timoschenko (Юлія Володимирівна Тимошенко) als neue Ministerpräsidentin abgestimmt. Sie viel aber wegen einer einzigen fehlenden Stimme im ersten Wahlgang von heute durch. Morgen findet ein zweiter Wahlgang statt. Interessant auch, dass fast alle deutschsprachigen Medien (ausser NZZ und Schwäbische Zeitung) von fälschlicherweise zwei Wahlgängen berichtet haben. Dabei wurde beim zweiten Mal nur über einen Antrag abgestimmt, nochmals die Ministerpräsidentin zu wählen - was aber ebenfalls wegen einer einzigen Stimme scheiterte. Interessant finde ich auch, dass morgen fast zeitgleich auch in der Schweiz Erneuerungswahlen der Schweizer Regierung, des Bundesrats, stattfinden...
Nachfolgend nun ein Video aus dem ukrainischen Fernsehen, dass die entscheidenden Minuten des heutigen Wahlkrimis zeigt.
Donnerstag, 6. Dezember 2007
GPS in Kiew
Bekanntlich fahre ich ja nun schon seit rund drei Monaten mit dem Auto durch Kiew. Einerseits ist die Umstellung vom herkömmlichen Fahren vom beschaulichen Schaffhausen zur Millionenstadt Kiew wegen des chaotischen Verkehrs schon beachtlich: Tägliche Staus, fünf parallele Fahrspuren in jede Richtung, welche zum Teil hoffnungslos überfüllt sind, massenhaft undisziplinierte Autofahrer, 40 Jahre alte Autos mit minimaler Wartung, minimalstes Beachten der Verkehrsregeln und ewiges Drängeln setzten an Anfang schon etwas zu. Auch bin ich als disziplinierter Gurtenträger die absolute Ausnahme hier in Kiew...
Vor allem damit ich mich zu 100% auf diesen hektischen Verkehr konzentrieren kann, habe ich mir einen GPS Navigator gekauft. Ein weiterer Grund ist, dass ich nach 1.5 Jahren einfach noch nicht alle Strassen von Kiew kenne und zum Teil rechte Orientierungsprobleme in der zum Teil oft ähnlich aussehenden Aussenbezirken habe. Und schlussendlich ist es auch total verwirrend, bei den Stadtautobahnen den Weg zum Beispiel in die Gegenrichtung zu finden. Bei all dem hilft ein GPS Navigator ungemein. Da ich in der Schweiz schon einen GPS Navigator hatte, wollte ich dies natürlich auch in Kiew haben. Als ich vor 1.5 Jahren in Kiew ankam, wurde mir gesagt, dass es dies noch nicht hier gebe, da keine Karten vorhanden seien. Ich weiss nicht, ob dies seinerzeit stimmte, aber zumindest heute kriegt man hier mit etwas Suchen preisgünstig einen guten GPS Navigator.
Mein Pioneer AVIC-S2 Navigator kostete dabei etwas mehr als USD 400 und war sicher das Geld wert. Die Karte von Kiew ist sehr detailliert. Alle Strassen sind auf ukrainisch und natürlich in kyrillisch. Strassen gibt man bequem per Touchscreen ein. Sprachausgabe ("Nach 100 m rechts abbiegen!") und System-Steuerung sind auf Deutsch möglich. Und auch schon bei unserer Fahrt nach Tschernihiw hat sich herausgestellt, dass zumindest die Überlandstrassen genau sind. Die Detailgenauigkeit von Tschernihiw selbst war hingegen leider nicht sehr gut, aber doch noch knapp ausreichend. Und sicher immer noch viel besser als gar keine Karte! Hingegen habe ich die Karte von Donezk schon angeschaut und fand diese sehr detailliert. Neben den detallierten Karten der ukrainischen Grossstädte ist auch noch der europäische Teil Russlands inklusive genauen Karten von Moskau uns St.Petersburg auf der Flashkarte gespeichert. Ausserdem sind alle wichtigen Strassen von Westeuropa gespeichert. So ist z.B. die ganze Strecke bis nach Schaffhausen abrufbar (ziemlich genau 2000 km). Und das Beste: Einschalten und der Navigator funktioniert - kein lästiges Installieren war nötig. Ich kann wirklich jedem neuen Autofahrer in Kiew einen solchen GPS Navigator nur wärmstens empfehlen.
Donnerstag, 29. November 2007
Gitarrrrrrr
Er zappelt, schnarrt, kauderwelscht: Peter Nalitch (Петер Налич) ist auf dem besten Wege, Russlands erster YouTube-Star zu werden. Der Absurdmusiker mit schrägem englischen Text bringt Osteuropa die Schönheit der Ironie nahe - und dem Rest der Welt den Zauber seiner "Gitarrrrrrr". Natürlich will auch ich diesem sympathischen Barden zum Durchbruch verhelfen...
Kostprobe des Liedtexts:
"I've never been lonely - cause... me so cool!"
"I've never been clever - because need it never!"
"Gitar, Gitar, Gitar - jump to my Yaguar, Baby!"
"I've never been lonely - cause... me so cool!"
"I've never been clever - because need it never!"
"Gitar, Gitar, Gitar - jump to my Yaguar, Baby!"
Kategorien: Videos
Dienstag, 27. November 2007
Alte Häuser im Podol
Im Podol Bezirk (Подоль) von Kiew hat es im Vergleich zu anderen Bezirken noch relativ viele alte Häuser aus dem Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts. Häuser aus dieser Zeit werden dabei hier in Kiew zaristische Häuser genannt, da sie noch aus der Zarenzeit (d.h. vor 1917) stammen.
Kategorien: Alltagsleben, Fotoserie, Geschichte
Montag, 26. November 2007
Holodomor Gedenktag
Der 24. November 2007 war dieses Jahr der offizielle Holodomor Gedenktag. Dieses Jahr jährt sich der Beginn des Holodomor zum 75. mal. Doch was ist der Holodomor (Голодомор) überhaupt? Der Holodomor - welches als Hungertod übersetzt werden kann - war das systematische verhungern lassen der (west-) ukrainischen Landbevölkerung durch die sojetische Herrschaft unter Josef Stalin (Иосиф Сталин).
Der Holodomor forderte zwischen 3 bis 7 Millionen Tote in der Ukraine. Beim Holodomor handelt es sich um einen Genozid mit dem die sowjetische Führung die Vernichtung des ukrainischen Volkes beabsichtigte. Insofern war es auch eine Strafmassnahme, da sich die Ukrainer gegen die Zwangskollektivierung und früher auch schon gegen die Integration der Ukraine in die Sowjetunion zur Wehr gesetzt hatten. Im Herbst 1932 wurde der Landbevölkerung mit Waffengewalt die ganze Ernte abgenommen und die Bevölkerung im Winter daran gehindert, in die Städte zu gehen, wo es Lebensmittel gab. Die Konsequenz war der Hungertod von Millionen von Ukrainern, fast die Hälfte davon Kinder. Im Frühling 1933 gelangten erste Meldungen über den Holodomor in den Westen, gelangten aber medial durch die Machtergreifung Hitlers in den Hintergrund. Der Holodomor ist deshalb einer der am wenigsten bekannten Genozide des 20. Jahrhunderts.
Die Ukraine setzt sich international dafür ein, dass der Holodomor auch weltweit als Genozid anerkannt wird. Auf internationaler Ebene haben schon Argentinien, Australien, Aserbaidschan, Belgien, Brasilien, Ecuador, Estland, die Europäische Union, Georgien, Italien, Kanada, Lettland, Litauen Moldawien, Paraguay, Peru, Polen, Spanien, Ungarn, die USA und der Vatikan den Holodomor offiziell als Genozid anerkannt. Die Schweiz leider noch nicht! Russland als indirekt verantwortlicher Staat (da offizieller Nachfolgestaat der UdSSR) lehnt die Bezeichnung "Genozid" für den Holodomor ab. Dem Hunger in der Sowjetunion zwischen 1932 und 1933 seien nicht nur Angehörige eines Volkes zum Opfer gefallen und überhaupt sei alles eine Naturkatastrophe gewesen. Der erste Kritikpunkt stimmt insofern, da es auch Opfer in Russland und Kasachstan gab - weitaus am meisten aber in der Ukraine. Da der Diktator Stalin in Russland ein Revival feiert und die Russen ja immer mit den Ukrainern befreundet waren, passt die Wahrheit der heutigen russischen Führung aber überhaupt nicht in ihr Selbstverständnis...
Der Holodomor Gedenktag wurde dabei erst unter Präsident Viktor Juschtschenko (Віктор Андрійович Ющенко) eingeführt. Am Holodomor Gedenktag wird die Flagge auf dem Maidan augf Hlbmast gesetzt und die Bevölkerung zeigt ihre Solidarität, indem sie Kerzen oder Totenlaternen in der Nacht vor die Fenster stellt. Natürlich ist der Gedenktag wie fast alles in der Ukraine politisiert. Im Westen findet dieser Gedenktag, gefördert durch die Orangen Kräfte, grossen Anklang, im wenig davon betroffenen Osten hingegen viel weniger. Und natürlich dient dieser Anlass auch dem "Nation Building" in der Ukraine.
Ich habe dieses Jahr das erste Mal die zentrale Gedenkveranstaltung auf dem Michaelsplatz vor der Michaelskathedrale besucht. Der ganze Platz und die angrenzende Umgebung wird dabei mit Totenlaternen (Kerzen) gefüllt, welche in verschiedenen Mustern (Rechtecke, Kreuze, Herze, ukrainischer Dreizack) angeordnet werden. Dabei muss es sich um zigtausende Kerzen handeln - wirklich sehr eindrücklich. Das Ganze wird dabei von sehr melancholischem ukrainischen Gesang, welcher an ein Requiem erinnern, untermalt.
Am Samstagabend waren dabei trotz schlechtem nasskaltem Wetter viele Leute auf dem Platz und das Fernsehen hat zeitweise direkt vom Platz übertragen. Auch habe ich an allen offiziellen Gebäuden in Kiew und auch an vielen Fenstern von privaten Gebäuden Kerzen gesehen.
Ich war ehrlich gesagt nach dem Besuch auf dem Platz tief beeindruckt und das Ganze ging mir richtig unter die Haut. In Anbetracht des Ausmasses dieses Genozids kann ich als Schweizer wirklich danbar sein, dass die Schweiz das 20. Jahrhundert relativ unbeschadet überstanden hat.
Kategorien: Geschichte, Politik
Samstag, 24. November 2007
Satire: Erklärung der Finanzkrise
Das unten stehende Video ist eine satirische Erklärung der aktuellen Finanzkrise von zwei hoch brillanten britischen Komikern - wirklich etwas vom Feinsten. Sie heissen ausserdem John Bird und John Fortune und ihre Show heisst "The Last Laugh" und wird auf dem Englischen sender ITV ausgestrahlt. Die Art wie Sie Investment Banker auf die Schippe nehmen ist einfach wunderbar. Wir haben uns heute in unserem Büro schier krumm gelacht, als wir es zusammen angeschaut haben. Von dieser feinen Art von Humor können noch viele junge Comedians lernen. PS: Die Deutschen Comedians vermisse ich ausserdem in Kiew wirklich nicht... ;-)
Kategorien: Kommentare, Videos, Wirtschaft
Samstag, 17. November 2007
Mühsames Kleingeld
In der Ukraine scheint es eine andauernde Knappheit des Kleingeldes, im Speziellen der Münzen zu geben. Kauft man etwas alltägliches für zum Beispiel UAH 27.63 (= Hryvnja, Гривня) ein und bezahlt dafür UAH 30, so ist es die absolute Ausnahme, wenn man von der Kassiererin den Restbetrag widerspruchslos ausbezahlt bekommt. Viel alltäglicher ist die Frage, ob man nicht noch zum Beispiel UAH 2.65 habe. Und diese ewige Fragerei macht das Einkaufen gerade für Ausländer nicht sehr einfach... Dieses Phänomen existiert ausserdem auf dem Basar wie auch im Supermarkt.
Einfacher wird die Sache sicherlich auch nicht dadurch, dass es eine stattliche Anzahl von ukrainischen Münzen gibt. Es gibt Münzen für 1, 2, 5, 10, 25 und 50 Kopeken (копейка) sowie eine 1 Hrywnja Münze. Anscheinend sind aber zu wenige dieser Münzen im Umlauf und die ewige Fragerei an der Kasse nach Münzen kann einem wirklich auf die Nerven gehen.
Ich habe mich schon oft gefragt, weshalb das so ist. In der Schweiz gibt es ja nur 5, 10, 20 und 50 Rappen und 1, 2 und 5 Franken Münzen. Eine 1 Kopeken Münze hat einen Gegenwert von 0.002 Franken. Und ich mag mich an eine Diskussion über die Abschaffung der 5 Rappen Münze erinnern, da die Produktion dieser teurer als ihr eigentlicher Gegenwert (eben 5 Rappen) ist. Bedenkt man, dass die 5 Rappen Münze eine 25-fach höheren Wert als die 1 Kopeken Münze hat, ist zu vermuten, dass die Produktion dieser und der 2, 5 und 10 Kopeken Münze vermutlich auch nicht kostendeckend ist. Somit ist aber auch zu vermuten, dass aus diesem Grund die Nationalbank der Ukraine einfach nicht genügend dieser Münzen produziert. Ein Erklärungsversuch zumindest...
Ein weiterer Effekt ist, dass wenn man wie ich anfänglich die Zahlen nicht gut versteht und das Geld auch noch nicht so genau kennt, dazu tendiert, immer eine zu grosse Note beim Bezahlen zu geben. Dies hat dann aber neben obiger Frage auch zur Konsequenz, dass man immer mehr Münzen im Portemonnaie hat... Unterdessen habe ich diese Probleme nicht mehr, aber trozdem scheint das Kleingeld immer noch knapp zu sein...
Ich habe mich schon oft gefragt, weshalb das so ist. In der Schweiz gibt es ja nur 5, 10, 20 und 50 Rappen und 1, 2 und 5 Franken Münzen. Eine 1 Kopeken Münze hat einen Gegenwert von 0.002 Franken. Und ich mag mich an eine Diskussion über die Abschaffung der 5 Rappen Münze erinnern, da die Produktion dieser teurer als ihr eigentlicher Gegenwert (eben 5 Rappen) ist. Bedenkt man, dass die 5 Rappen Münze eine 25-fach höheren Wert als die 1 Kopeken Münze hat, ist zu vermuten, dass die Produktion dieser und der 2, 5 und 10 Kopeken Münze vermutlich auch nicht kostendeckend ist. Somit ist aber auch zu vermuten, dass aus diesem Grund die Nationalbank der Ukraine einfach nicht genügend dieser Münzen produziert. Ein Erklärungsversuch zumindest...
Ein weiterer Effekt ist, dass wenn man wie ich anfänglich die Zahlen nicht gut versteht und das Geld auch noch nicht so genau kennt, dazu tendiert, immer eine zu grosse Note beim Bezahlen zu geben. Dies hat dann aber neben obiger Frage auch zur Konsequenz, dass man immer mehr Münzen im Portemonnaie hat... Unterdessen habe ich diese Probleme nicht mehr, aber trozdem scheint das Kleingeld immer noch knapp zu sein...
Kategorien: Alltagsleben, Wirtschaft
Sonntag, 11. November 2007
Wintereinbruch
Seit gestern Abend hat es ohne Unterbruch in Kiew geschneit und nach dem bisschen Schneefall mitte letzter Woche ist es nun wirklich richtig Winter mit ca 20 cm Schnee in Kiew geworden.
Und was macht man bei einem solchen Wetter? Nun, wir sind Winterschuhe einkaufen gegangen, die ich in Anbetracht dieses Wetters auch dringend benötigt habe... Anscheinend waren wir nicht die einzigen, die Winterschuhe brauchten, denn das Geschäft war hoffnungslos überfüllt.
Dazu sind wir etwas Auto gefahren. Die Strassen waren mehr oder weniger gepflügt und das Fahren ging problemlos. Nur dass ich heute das Auto dreimal vom Schnee befreien musste, war etwas mühsam...
Kategorien: Alltagsleben
Samstag, 10. November 2007
Wildwuchs Plakatwerbung
In Kiew nimmt die Plakatwerbung immer mehr überhand und ich finde, dass Kiew nun am Schmerzpunkt angelangt ist. Denn obwohl Werbung in einer freien Marktwirtschaft sehr wichtig ist beginnt die Plakatwerbung langsam aber sicher das Kiewer Stadtbild zu (zer-) stören. Und erst in Kiew habe ich gelernt, wieviel verschiedene Formen der Plakatwerbung es heute überhaupt gibt...
Wie bei allem im Leben ist es wie immer eine Frage des Masses. Nun bin ich als Ökonom ja wirklich nicht gegen Werbung, aber ich finde, dass langsam aber sicher die Stadtverwaltung bei diesem Wildwuchs eingreifen sollte. Denn ein schönes Stadtbild ist ebenfalls ein schützenswertes Gut und bekanntlich will sich ja Kiew als touristische Destination etablieren.
Dabei kann Werbung auch schön sein - sogar in Kiew! Vereinzelt grossflächige Werbung wie bei den zwei Bildern weiter oben dargestellt finde ich gar nicht einmal schlimm. Vor allem, wenn es sich um eine Baustelle handelt wie beim ersten Bild und es hilft auch die Tristesse der sowjetischen Plattenbauten etwas aufzulockern. Auf der anderen Seite sollte es nicht zu viel wie zum Beispiel in Bukarest werden, wo hunderte von Häusern ganz in Plakate eingepackt wurden. Für mich das absolute Negativbeispiel.
Hier ist nun meines Erachtens die Kiewer Stadtverwaltung gefragt. Aber mit einem so speziellen Bürgermeister wie Leonid Kosmos ist halt vermutlich nicht viel zu erwarten... Und ich stelle mal die nicht sehr unrealistische Hypothese auf, dass einige der Beamten der Kiewer Stadtverwaltung bei diesem Geschäft kräftig mit verdienen. Aber hoffen kann man ja, dass es nicht noch schlimmer mit den Plakaten wird und man zur Einsicht gelangt, dass es nun reicht... Und vielleicht wir es ja unter einem neuen Bürgermeister Vitali Klitschko (Вiталiй Володимирович Кличко) besser.
Kategorien: Alltagsleben, Politik, Wirtschaft
Freitag, 9. November 2007
Goloseewski Einsiedelei
Im Süden von Kiew befindet sich ein sehr grosser Park, der Goloseewski Park (Голосеевский парк) im gleichnamigen Bezirk. Der Park ist dabei bis zu 8 km breit und 10 km lang und ist im englischen Stil gehalten mit grossen Wäldern, Hügeln, Tälern, Wiesen und Seen.
Ziemlich im Zentrum dieses Parks an einer idyllischen Lichtung gelegen mit schönem Ausblick befindet sich ein Kloster, die Goloseewski Pokrow Einsiedelei (Покровская Голосеевская пустынь). Am letzten Wochenende habe ich dieses Kloster während eines Spaziergangs besichtigt. In diesem Park ganz in der Nähe der Einsiedelei war ich ausserdem schon einmal vor etwas mehr als einem Jahr an der 1. August Feier der Schweizer Botschaft.
Die Goliseewski Pokrow Einsiedelei gehört dabei genau genommen zum Kiewer Höhlenkloster (Киево-Печерская лавра) und ist eigentlich eine Art von Dependence. Pokrow (Покров) bedeutet dabei "Maria Schutz- und Fürbitte" und ist ein Feiertag der russisch-orthodoxen Kirche.
Das Kloster respektive die Einsiedelei wurde 1631 vom bekannten Kiewer Metropoliten Petro Mohyla (Петро Симеонович Могила) gegründet und liess die erste Kirche an diesem Ort (damals natürlich noch weit ausserhalb von Kiew) erbauen. 1845 wurde die heutige Kirche, die Heilige Johanna Kirche (церковь Иоанна Печерского), hier erbaut. ganz neu ist eine kleine Kirche, anscheinend für Besucher, an der Zufahrt unmittelbar rechts vor der Einsiedelei.
Wegen seiner schönen Lage wurde die Einsiedelei auch vom Kiewer Metropoliten als Sommerresidenz verwendet. Um die Heilige Johanna Kirche herum hat es mehrere Wirtschafts- und Wohngebäude, die einen Hof bilden. Ebenfalls an der Zufahrt zur Einsiedelei etwas ausserhalb befindet sich ein Pferdegestüt.
Im Moment ist das ganze Areal der Einsiedelei eine grosse Baustelle. So wird zur Zeit ein neuer Glockenturm errichtet. Besonders interessant fand ich, dass die goldenen Kuppeln des Glockenturms schon bereit zum Aufsetzen Im Hof des Klosters liegen und von der Nähe betrachtet werden können, was sonst ja nie möglich wäre. Ebenfalls im Hof des Klosters befindet sich ein improvisierter Glockenturm aus Stahlbalken. In Anbetracht der regen Bautätigkeit scheint es der Einsiedelei an Geld nicht zu mangeln - vermutlich gespendet von neureichen Ukrainern.
An der Zufahrt zur Einsiedelei befindet sich wie schon erwähnt ein gepflegtes Pferdegestüt mit Ponys und Pferden. Die Einsiedelei wird rege vom Gläubigen besucht - an diesem Sonntag hatte es ein reges Kommen und Gehen.
Kategorien: Sehenswürdigkeiten
Mittwoch, 7. November 2007
Winteranfang
Nachdem es nun die letzten fünf Tage lang immer um die null Grad war, hat es heute Abend begonnen, leicht zu schneien. Ehrlich gesagt ist dies zwar nicht ganz genau der erste Schnee in diesem Winter, hat es doch auch schon am Sonntagabend ganz leicht geschneit. Für mich ist das Kontinentalklima hier in Kiew schon immer wieder ein Phänomen. War es doch noch hier vor rund sechs Wochen noch richtig spätsommerlich (siehe Fotos zum Kiewer Meer), hat nun schon der Winter begonnen. An den sehr kurzen Frühling und Herbst muss man sich erst so richtig gewöhnen... Die Ukraine ist halt auch klimatisch ein Land der Extreme!
Kategorien: Alltagsleben
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