Dienstag, 31. Oktober 2006

Vor 2 Jahren: Beginn der Orangen Revolution

Heute vor zwei Jahren begann die Orange Revolution mit dem ersten Wahlgang (von insgesamt dreien) für den zukünftigen Präsidenten der Ukraine. Als aussichtsreichste Kandidaten traten der heutige Präsident Viktor Juschtschenko und der heutige Ministerpräsident, Viktor Janukowitsch an. Während Juschtschenko für eine Modernisierung und Westorientierung des Landes stand und den Westen und Norden des Landes vertrat, setzte sich Janukowitsch für eine enge Anbindung an Russland und die Interessen der ostukrainischen Industrie und russisch-sprechenden Regionen ein. Nach dem 1. Wahlgang vom 31. Oktober 2004 entstanden v.a. in Kiew die ersten spontanen Protest-Demonstrationen, woraus schlussendlich die Orange Revolution wurde.


Resultat des 1. Wahlganges vom 31. Oktober 2006

Betrachtet man den Ausgang dieses Wahlganges in den einzelnen Oblasts (=Regionen) der Ukraine, so wird die bis heute noch existierende geografische Zweiteilung des Landes eindrücklich erkennbar.

Doch was ist heute noch übrig geblieben von der Orangen Revolution? Nachdem ich nun schon etwas mehr als ein halbes Jahr in der Ukraine lebe, erlaube ich mir, ein kurzes persönliches Urteil hierzu abzugeben.
  • Pressefreiheit: In der Ukraine gibt es heute eine enorme Vielzahl von Medien aller Art. Unter dem früheren Präsidenten Leonid Kutschma gab es nicht annähernd eine solche Pressefreiheit. Ich selbst habe schon das Erscheinen neuer Zeitungen mehrmals hier in Kiew erlebt, u.a. den aus der Schweiz stammenden Blik.
  • Faire Wahlen: Die Parlamentswahlen im letzten März haben absolut westlichen Standards entsprochen. Die Ukraine gilt heute als das demokratischste GUS Land.
  • Demokratische Regierungsbildung: Die vier Monate andauernde Bildung der heutigen Regierung, wenn viele im Westen auch mit deren Zusammensetzung nicht glücklich sind, entsprach absolut demokratischen Prinzipien.
  • Öffnung der Wirtschaft für Ausländer: Für ein ausländisches Unternehmen ist es heute nicht mehr so schwierig wie früher, in der Ukraine Fuss zu fassen. Alle relevanten westlichen Firmen sind heute in der Ukraine vertreten.
  • Abschaffung des Visas: Heute kann man als Westeuropäer ohne Visa in die Ukraine Reisen – dies war früher nicht so.

Und wo liegen die grössten Probleme, die trotz der Orangen Revolution noch nicht in der Ukraine gelöst wurden:

  • Korruption: Die Korruption ist in der Ukraine immer noch ein Riesenproblem. Die Wirtschaft ist vermutlich doppelt so gross wie offiziell ausgewiesen. Diese versteckten Schattenwirtschadt ist enorm riesig und kommt nicht etwas nur aus illegalen Geschäften.
  • Mangelnde Toleranz: V.a. die Politiker verschiedener Parteien, aber auch die bevölkerung des Westens und des Ostens der Ukraine haben fast keine Toleranz für die Standpunkte und Eigenheiten der andere Seite.
  • Falsches Politikverständnis: Politik wird in der Ukraine v.a. als eine andere Art der Verfolgung wirtschaftlicher Interessen verstanden und nicht zum Wohle der ganzen Bevölkerung. Geschätzt sind 80% der Abgeordneten des ukrainischen Parlaments Dollar-Millionäre.
  • Schwaches Rechtssystem: Das Rechtssystem in der Ukraine hat fast keine Bedeutung. Doch für eine funktionierende Zivilgesellschaft als auch für die Wirtschaft ist ein funktionierendes Rechtssystem die Grundlage.

Diese beiden Auflistungen sind sicher nicht vollständig und sicher könnte man noch seitenlang darüber diskutieren...

Damit man sich wieder an den Geist dieser Zeit erinnern kann, zeige ich noch die drei meines Erachtens eindrücklichsten Videoschnitte mit cooler Musik (je rund drei Minuten) von youtube.com aus dieser Zeit.







Neue 500 Griwna Banknote

Seit dem 15. September 2006 gibt es neuerdings auch eine neue Griwna (= UAH) Banknote mit einem Wert von UAH 500 (= CHF 130). Das Drucken einer solchen Banknote war dringend notwendig, denn die bisher grösste Note hatte "nur" einen Wert von UAH 200 (= CHF 52). Doch leider bekommt man an einem Bankomaten meist nur UAH 100 (= CHF 26) oder UAH 50 (= CHF 13) Banknoten. Ich persönlich habe noch nie eine UAH 500 Banknote gesehen und auch nur ganz selten eine UAH 200 Banknote. Dies hat zur Konsequenz, dass wenn man etwas grösseres Kaufen will, man mit einem recht grossen Bündel Banknoten im Portemonnaie rumlaufen muss. Dafür fühlt man sich irgendwie reicher als man effektiv ist...


Die neue ukrainische 500 Griwna Banknote

Die neue UAH 500 Banknote bildet ausserdem den ukrainischen Philosophen, Poeten und Komponisten Hryhory Skovoroda ab, der im 18. Jahrhundert gelebt hat.
  • Blog: Das liebe Geld: Die ukrainische Griwna: Link
  • Wikipedia über Hryhory Skovoroda (E): Link

Montag, 30. Oktober 2006

Winterdichtes Fenster

Am letzten Wochenende haben wir das Fenster im Zimmer unserer kleinen Tochter winterdicht gemacht. Dies ist sozusagen eine alte ukrainische (und russische) Tradition. Wenn es langsam aber sicher kälter wird - Tiefsttemparaturen werden für diese Woche unter null prognostiziert - werden die alten Fenster winterdicht gemacht. Zum Glück sind fast alle Fenster unsere Wohnung neu und entsprechen westlichem Standard. Nur das Fenster im Kinderzimmer, welches als einziges auf den Innenhof geht, ist noch ein orginal sowjetisches Fenster.


Winterdichtes, altes Fenster in unserem Kinderzimmer mit Luftklappe (oben rechts)

Als erstes wird ein selbstklebender Dichtungsstreifen auf der Innenseite des Fensters angeklebt. Anschliessend versucht man das Fenster irgendwie wieder zu schliessen - was aber nicht immer einfach ist und nur mit grosser Kraftanstrengung geht. Manchmal wird auch ein Hammer (!!!) dazu verwendet. Ausserdem haben diese alten Fenster nicht wie in Westeuropa grosse Öffner mit Hebelwirklung, sondern sie sind ganz klein (siehe Foto oben und unten).


Detailansicht des mit Klebband abgedichteten sowjetischen Fensters


Im nächsten Schritt wird das ganze Fenster mit weissem selbstklebendem Abdeckband zugeklebt. Dies hat den Vorteil, dass das alte Fenster auch wirklich dicht wird und man das Klebband auf dem Fenster fast nicht sieht. Aber auch der Nachteil ist offensichtlich: Man kann das Fenster überhaupt nicht mehr öffen! Alte sowjetische Fenster haben aber immer oben rechts ein kleines Mini-Fenster, eine Art Luft-Klappe (siehe erstes Foto weiter oben). Dieses Fenster sollte man natürlich nicht zukleben, damit man das Zimmer noch halbwegs belüften kann. Und dies ist dringend notwendig, denn die mit Ferwärme betriebene Heizung lässt sich nicht regulieren - es herrscht sozusagen Einheitstemparatur. Somit muss man bei hohen Aussentemparaturen mit der kleinen Lüftklappe die Zimmertemparatur irgendwie manuell "regulieren".

Sonntag, 29. Oktober 2006

Herbstliches Kiew

In den letzten Tagen war es in Kiew sehr herbstlich: Zwar war es am Tag bei relative kühlen Temperaturen sonnig, aber am Morgen gab es v.a. im Podol-Quartier in der Nähe des Dnjeprs, wo ich ja arbeite, immer Nebel. Natürlich musste ich von dieser sehr schönen Stimmung ein paar Fotos für das Blog machen.


Kontraktovaya Platz
im morgendlichen Nebel



Altes Gebäude der Kyiv Mohyla Akademie



"Zaristisches" Haus (d.h. vor 1917) im Podol-Quartier

  • Website der Nat. Universität "Kyiv Mohyla Akademie" (E): Link

Miss Europe Wahl in Kiew

Dieses Wochenende fand die diesjährige Miss Europe Wahl in Kiew statt. So sah man(n) denn auch mehrere Plakate für diesen (wirklich sehr wichtigen...) Anlass in den Strassen von Kiew. Erwähnenswert ist vielleicht auch noch, dass eine Ukrainerin auf den undankbaren zweiten Platz kam - gewonnen hat eine Französin. Da die Ukrainer ja in die EU wollen, wurde dieser Anlass vielleicht auch deshalb hier etwas ernster genommen als anderswo. Vielleicht muss auch noch erwähnt werden, dass der ukrainische Präsident diese Woche in Finnland eine Absage seitens der EU für eine rasche Aufnahme der Ukraine erhalten hat (siehe Tagi Artikel: Link). Russland wird sich freuen, denn der Ukraine bleibt nun nichts anderes übrig, als sich (noch) mehr nach Russland zu orientieren. Und dass die EU mit der Türkei anstelle mit der ur-christlichen und demokratischeren Ukraine verhandelt, kann ich leider beim besten Willen nicht verstehen. Aber als Schweizer (und somit nicht EU Mitglied) muss ich dies ja zum Glück auch nicht! Aber ärgern tut's mich trotzdem!


Rangverkündung: Glückliche Erste (France), unglückliche Zweite (Ukraine)


Gerade auch wegen dieser politischen Absage hätte ich es der Ukraine doppelt gegönnt, diesen Titel zu gewinnen. Und da ich ja schon sehr oft in Frankreich war (ich habe Verwandte in der Provence), und ich auch zugeben muss, dass es in Frankreich wirklich auch sehr schöne Frauen gibt, bin ich doch der Meinung, dass die Ukrainerinnen im Durchschnitt doch noch etwas hübscher sind. Die Leser dieses Blogs wissen aber auch, dass ich mit einer Ukrainerin verheiratet bin und daher vielleicht nicht ganz neutral sein kann (und will)...

  • EU noch nicht für Ukraine bereit - Tagi, 27.10.2006: Link
  • Website der Miss Europe Wahl: Link
  • Wikipedia über die Miss Europe Wahl: Link

Samstag, 28. Oktober 2006

Video über Kiewer Metro

Auf Google Video habe ich ein vierminütiges Video über die Kiewer Metro gefunden. Es zeigt zuerst die Fahrt auf der Rolltreppe in den Untergrund, anschliessend die Fahrt in der Metro selbst (inkl betrunkenem Fahrgast...), dann die Ab- und Einfahrt der Metro in eine Metro-Station bei Nacht, dann die Fahrt auf der Rolltreppe nach oben (mit hübschen Begleiterinnen...), eine weitere Fahrt in der Metro, dann wieder die unendlich lange Rolltreppe. Schlussendlich läuft der Kameramann zu Fuss eine Treppe hinaus aus dem Metro-System.



Freitag, 27. Oktober 2006

Parksünder

Kiew ist eigentlich nicht dafür bekannt, dass rigoros gegen Parksünder vorgegangen wird. Die Kiewer haben die Angewohnheit, ihre Autos überall zu parkieren, wo es ihnen gerade passt. Die Polizei tut nur ganz selten etwas dagegen und so kommt es oft vor, dass man als Fussgänger sich regelrecht auf dem Trottoir einen Weg durch die parkierten Autos suchen muss. Desto mehr hat mich nachfolgendes Foto überrascht, welches einen anscheinend falsch parkierten Ferrari zeigt, der von der Polizei auf dem Kreschtschatik Boulevard abtransportiert wird.


Ein falsch geparkter Ferrari wird auf dem Kreschtschatik Boulevard aufgeladen

Wer sein Auto auch mitten auf dem Kreschtschatik Boulevard abstellt, muss damit rechnen, dass sein Auto abtransportiert wird. Der junge Mann im weissen Anzug neben dem Auto und dem Polizisten scheint ausserdem der Besitzer des Ferraris zu sein. Ein solche dreiste Tat ist schon ein Zeichen von absoluter Arroganz und da hilft selbst in der Ukraine auch ein Ferrari nicht! Aber leider nur auf ganz wenigen Strassen werden Autos so schnell abtransportiert! Dies ist wirklich schade... Vielleicht muss auch noch erwähnt werden, dass man in Kiew zwar sehr viele Luxus-Autos sieht, aber nur ganz selten Sportwagen wie einen Ferrari. Dies liegt nich etwa daran, dass die reichen Kiewer zu wenig Geld hätten, sondern an den schlechten und holprigen Strassen von Kiew, wo ein tiefliegender Ferrari ganz einfach kaputt gehen würde. Insofern ist dieses Foto umso spezieller!

Video vom Mariinsky Park

Auf Google Video habe ich das nachfolgende, sehr schöne zwei Minuten dauernde Video über den Mariinsky Park gefunden, dass einen sehr guten Eindruck vom meines Erachtens schönsten Park von Kiew vermittelt. Da der Park für Kiewer Verhältnisse in der Nähe unserer Wohnung ist (rund 15 Minuten zu Fuss), kenne ich den Park persönlich sehr gut - er ist sozusagen unser Naherholungsgebiet in der Millionenstadt Kiew. Das Video ist dabei wie ein Spaziergang durch den Park aufgebaut und ist mit Barockmusik unterlegt. Wirklich absolut sehenswert!



Mittwoch, 25. Oktober 2006

Live Webcams in Kiew

In Kiew gibt es schon eine stattliche Anzahl von live Webcams, welche es einem erlauben, ein Live-Bild von dieser schönen Stadt bequem von zu Hause aus zu erhalten. Alle nachfolgend aufgeführten Webcams liefern dabei richtige Live-Streams, also bewegte Bilder:



Live Webcam vom Maidan

Liste der Live Webcams in Kiew (unvollständig):
Wer noch eine weitere Webcam in Kiew kennt, soll diese mir doch bitte mitteilen - vielen herzlichen Dank!

Sonntag, 22. Oktober 2006

Beliebtes Schengenvisa

Unmittelbar an der gleichen Strasse neben meinem Arbeitsort im Podol-Quartier befindet sich auch die spanische Botschaft. Vor dieser Botschaft spielen sich jeden Tag die seltsamsten Szenen ab. Schon etwa um 08:00 Uhr versammeln sich dort die Antragssteller eines Schengenvisas für Spanien - und zwar rund etwa 200 Leute - und dies jeden Tag!


Spanische Botschaft mit Antragsstellern für ein Schengenvisa


Um etwa 08:30 Uhr beginnt dann die Visavergabe. Die Antragssteller müssen auf der Strasse vor der spanischen Botschaft warten und werden dann nacheinander aufgerufen, um in die konsularische Abteilung der Botschaft hinein zu gehen. Im Sommer mag dies ja noch gehen, aberharten Kiewer Winter wird diese Übung schon zur Durchhalteübung. Diese rund etwa 200 Leute sind dann so gegen 13:00 Uhr abgefertigt - dann, wenn ich jeweils zum Mittagessen gehe. Vor der Botschaft finden sich jeden Tag auch fliegende Händler ein: So kann man dort Krankenversicherungen abschliessen oder man kriegt auch Kaffee und etwas zum Essen um das lange Warten etwas angenehmer zu machen. Ich bin bis heute noch überrascht, wieviel Leute jeden Tag bei der spanischen Botschaft ein Schengenvisa beantragen. Und ich denke, dies wird vor den anderen Botschaften der Schengenstaaten hier in Kiew auch nicht viel anders aussehen...

Samstag, 21. Oktober 2006

Bedrohte Sophien-Kathedrale?

Eines der bekanntesten Sehenswürdigkeiten von Kiew ist die Sophien-Kathedrale, die Hauptkathedrale des Kiewer Rus und heutiges UNESCO-Weltkulturerbe. Aber genau dieser Status der Sophien-Kathedrale als UNESCO-Weltkulturerbe scheint nun bedroht zu sein! Der Grund dafür ist die Bauwut der Kiewer: In unmittelbarer Nachbarschaft der Kathedrale wurde ein top-modernes, gläsernes Hyatt Hotel gebaut.


Neues Hyatt Hotel in der Nähe der Sophien-Kathedrale


Das Hyatt Hotel liegt dabei ausgerechent an der historisch sehr wertvollen Volodimirskaya Strasse, genau zwischen Sophien-Kathedrale und Michaels-Kathedrale. Die UNESCO hat nun diesen Sommer die Stadt Kiew gewarnt und gedroht, der Sophien-Kathedrale den Status als Weltkulturerbe wegzunehmen. Da aber das Hyatt auf der anderen Strassenseite liegt, auch sicher mehr als 200 m von der Sophien-Kathedrale entfernt ist und nicht direkt am eigentlichen Sophien-Platz liegt, finde ich die Aufregung der UNESCO etwas übertrieben. Auch hat es in der Nähe der Sophien-Kathedrale Häuser aller möglicher Stilrichtungen - ein "Ensemble" muss hier also nicht erhalten werden... Andereseits finde ich schon, dass sich die Kiewer entscheiden müssen, ob sie lieber Business machen oder die Kultur ihrer Stadt erhalten wollen. Und generell ist die Denkmalpflege noch nicht soweit entwickelt als im Westen - es werden leider immer noch alte Häuser abgerissen.

Donnerstag, 19. Oktober 2006

Und seit heute läuft die Heizung auch

Letzten Sonntag habe ich voller Freude hier mitgeteilt (siehe früheren Blog Beitrag: Link), dass die Heizperiode in Kiew begonnen hat. Vier Tage später, also heute Donnerstag, sind nun endlich die Heizkörper in unserer Wohnung auch wirklich heiss geworden... Wie bereits erwähnt, haben fast alle Wohnungen in Drei-Millionen-Stadt Kiew mit Fernwärme betriebene Heizungen und dementsprechend dauert es, bis alle Heizungen in Kiew auch aufgewärmt sind. Und dies war dringend nötig, denn in der Nacht wurde es diese Woche schon unter null. In der Zwischenzeit haben wir uns mit einem Elektroofen ausgeholfen. Und dann haben wir noch herausgefunden, dass unsere Klimaanlage auch heizen (!!!) kann.


Endlich heisser Heizkörper in unserer Wohnung (mit WLAN Router)

Ich hatte schon Befürchtungen, dass überhaupt nicht mehr in Kiew geheizt wird: Unsere Aktienanalyst für Energieproduzenten auf meiner Bank hat mir gesagt, dass es das Gerücht gibt, dass der ukrainische Gasexporteur das für das Heizen bestimmte Gas nach Westeuropa teuer verkauft hat... Hoffen wir mal, dass dieses Gerücht nicht stimmt, das Gas auch für den ganzen Winter reicht, v.a. auch dann, wenn es wirklich hier kalt wird!

Nachtrag 26.10.06: Anscheinend habe ich grosses Glück, denn viele Heizungen laufen bis heute noch nicht, wie der nachfolgende Artikel der Deustchen Welle zeigt... (Link)

Sonntag, 15. Oktober 2006

Heute ist Beginn der Heizperiode

Endlich ist es soweit: Heute ist in Kiew der Beginn der winterlichen Heizperiode! Diese Freude ist vielleicht für einen Westeuropäer etwas schwierig nachvollziehbar und bedarf einiger Erläuterungen.

Als erstes muss vielleicht erwähnt werden, dass fast alle Häuser in Kiew keine eigenen Heizungen haben, sondern mit Fernwärme aus grossen Kraftwerken beliefert werden. Kiew hat nach meinem Wissensstand rund vier grosse, gasbetriebene Kraftwerke für Fernwärme. Deshalb ja auch der grosse Aufschrei im letzten Winter hier in der Ukraine, als Russland drohte, den Gashahn einfach abzudrehen...

Somit kann man also nicht wie in der Schweiz, wenn es etwas kälter wird, der Hausverwaltung kurz anrufen und sagen, dass die Heizung nun endlich eingeschaltet werden soll... In den letzten Tagen ist es hier in Kiew v.a. in der Nacht merklich kälter geworden (siehe nachfolgende Grafik):


Tiefsttemperaturen von Kiew der letzten zwei Wochen


Dementsprechend wurde es somit auch in der Nacht in der Wohnung recht kalt... Und deshalb habe ich mich schon richtig auf den 15. Oktober, denn schon zu Sowjetzeiten traditionellen wintertlichen Heizbeginn, gefreut. Das Problem ist nur, dass es einige Tage dauert, bis alle Heizkörper einer Millionenstadt mit heissem Wasser gefüllt sind... Dies bedeutet wohl, dass ich mich wohl noch ein paar Tage länger zu Hause warm anziehen muss... Die einzige "Alternative" ist ein altes, sowjetisches System: Den Backofen und die Herdplatten (notabene auch mit Gas betrieben!) einschalten, so dass es wenigstens in der Küche (dem bevorzugten Raum einer Wohnung hier), schön gemütlich warm wird!

Samstag, 14. Oktober 2006

Taras Schewtschenko Boulevard

Eine der schönsten Strassen von Kiew ist der Taras Schewtschenko Boulevard. Spechen Touristen von Kiew, erwähnen diese aber immer nur den stalinistischen, monumentalen Kreschtschatik Boulevard, und leider nur ganz selten den Schewtschenko Boulevard. Der Schewtschenko Boulevard, benannt nach dem ukrainischen Nationaldichter Taras Schwetschenko (Тарас Григорович Шевченко, siehe Wikipedia: Link), ist ein breiter Boulevard aus dem Ende des 19. Jahrhunderts.


Taras Schewtschenko Boulevard


Der Schewtschenko Boulevard ist auch Namensgeber für den zentralsten Stadtbezirk von Kiew, dem Schevtschenkivski Rajon (Шевченківський Район) - und nicht etwa der Kreschtschatik Boulevard! Dabei beginnt der Schewtschenko Boulevard ganz in der Nähe des Endes des Kreschtschatik Boulevards, beim BessarabischenPlatz (=Бессарабська Плоша).


Bessarabischer Platz mit altem Bazar (Markthalle)


Bessarabien ist eine alte Bezeichnung für eine historische Landschaft in Südosteuropa, begrenzt vom Schwarzen Meer im Süden sowie den Flüssen Pruth im Westen und Dnister im Osten. Heute liegt diese Gebiet im Süden der Ukraine und auf dem Gebiet von Moldawien. Bekannt ist dieser Platz in Kiew vor allem wegen des Bessarabischen Bazars, einer grossen alten Markthalle im Jugendstil mit heute noch funktionierendem Bazar. Ebenfalls am Anfang des Schewtschenko Bouelvards steht auserdem auch die einzige Lenin Statue von Kiew.


Prommenade in der Mitte des Schewtschenko Boulevards


Der Boulevard hat in der Mitte einen grünen Bereich mit einer Pappelreihe je zu den getrennten Fahrtrichtungen hin. Er eignet sich deshalb auch sehr gut zum Prommenieren! Das schönste am Bouelvard sind aber vermutlich die alten, herrschaftlichen Jugendstilhäuser.


Jugendstil-Haus am Schwetschenko Boulevard


Bekanntlich wurde ja der grösste Teil von Kiew im Zweiten Weltkrieg zerstört. An diesem Bouelvard stehen aber noch relativ viele alte Jugendstil-Häuser, und so kann man sich in etwa vorstellen, wie das alte Kiew vor diesen Zerstörungen ausgesehen haben muss.


Blick von Siegesplatz in Richtung Schewtschenko Boulevard


Am Ende des Bouelvards befindet sich der Siegesplatz, welcher seinerseits der Beginn des Siegesprospektes (Prospekt = breite Strasse) ist. An diesem sehr modernen Platz befindet sich ausserdem auch der National-Zirkus der Ukraine.

Sonntag, 8. Oktober 2006

Die verdrängte Altlast Tschernobyl

Spricht man mit Ausländern über Kiew und die Ukraine, kommt bald einmal das Thema Tschernobyl zur Sprache. Bevor ich nach Kiew gezogen bin, habe ich auch in diesem Blog schon einmal über dieses Thema geschrieben (hier klicken für Beitrag vom 26. April zum Thema "20 Jahre Tschernobyl und Kiew") - seitdem aber nicht mehr.

Mir ist aufgefallen, dass die Kiewer fast nie über Tschernobyl sprechen - weshalb auch, man kann ja sowieso nichts daran ändern, dass man hier lebt! Diese fatalistische Einstellung ist hier weit verbreitet. Auch die Tatsache, dass die am schwächsten radioaktiv-verseuchte Zone nur wenige Kilometer nördlich von Kiew beginnnt, wird einfach ignoriert. Und trotzdem wird man doch immer wieder daran erinnert. Ein Beispiel ist mir letzte Woche passiert: Mein alltäglicher Arbeitsweg im Podol-Quartier, der zu Fuss vom Kontraktovaya Platz zu meiner Bank führt, geht an einer grossen Polizeistation (hier Milizia genannt) vorbei. Vor der Station sind mehrere Fahrzeuge parkiert (siehe nachfolgendes Foto):


Tschernobyl Fahrzeug vor einer Kiewer Polizeistation


Ein Fahrzeug fällt aber besonder auf: Dieses Auto ist gross mit "Tschenrobyl" (= Чернобиль) angeschrieben! Anscheinend handelt es sich um ein Fahrzeug, mit welchem von Kiew aus in die radioaktive Zone gefahren wird. Da dieses Fahrzeug bei solchen Fahrten zwangsläufig leicht verstrahlt wird, ist es deshalb auch klar als ein solches gekennzeichnet. Und da ich jeden Tag zweimal an diesem Fahrzeug vorbei gehe, werde ich somit auch täglich an Tschernobyl erinnert. Und jedesmal wechsle ich automatisch die Seite der Strasse - sicher ist sicher!

Auch beim alltäglichen Einkaufen von Lebensmitteln ist das Tschernobyl-Thema für mich allgegenwärtig: Kommen diese landwirtschaftlichen Produkte vielleicht aus der radiaktiv-verseuchten Zone? Gerade wenn man in einem Bazar einkauft, fragt man sich dies! Ich vermute aber, dass ich irgendwann die fatalistische Einstellung der Kiewer auch übernehmen werde und dann dieses Thema einfach auch ignorieren werde...

Samstag, 7. Oktober 2006

Spätsommerlicher Mondschein

Heute waren wir mit unserer Tochter im Mariinksy Park spazieren und haben auch den dortigen Kinderspielplatz besucht - ein Highlight für meine Tochter. Und gerade an einem Samstag ist der Kinderspielplatz wirklich seh gut besucht! Im Moment herrscht in Kiew eine sehr angenehme spätersommerliche Stimmung - die Nächte sind zwar schon relativ kalt (knapp unter 10 Grad), aber die Tage sind noch sonnig und recht warm (noch über 20 Grad). Die Leute tragen z.T. noch sommerliche Kleidung (z.B. Shorts), die anderen haben ihre Herbstkleider schon aus dem Schrank geholt.


Ausblick bei Mondschein auf die Dnjepr-Inseln und die Satellitenstädte


Nach dem Sonnenuntergang, die im Moment farblich sehr eindrücklich sind, waren wir noch in einem kleinen improvisierten Kaffee am Rande des Platzes vor dem Mariinsky Palast. Von dort hat man eine wunderschöne Aussicht auf den Dnjepr und die Satellitenstädte von Kiew. Besonders reizvoll war die Stimmung, da einerseits gerade der Mond aufgegangen war (siehe Foto oben) und anderersseits ein Trompetenspieler wunderschöne schnulzige Jazz-Stücke gespielt hat (inlusive Begleitung aus dem Ghetto-Blaster). Eine einzigartige Stimmung! Ich war auch überrascht, dass sich diese Stimmung halbwegs mit meiner Digitalkamera einfangen liess - aber leider ohne Ton...

Donnerstag, 5. Oktober 2006

Parteizentrale

Im Moment gibt es wieder einmal eine politische Krise in der Ukraine: Die Partei von Präsident Viktor Juschtschenko, Nascha Ukraina (=Unser Ukraine), hat angedroht, sich aus der grossen Regierungskoalition zurückzuziehen. Es muss dabei erklärt werden, dass in der Ukraine die Regierung (=Ministerkabinet) relative unabhängig vom Präsidenten ist, analog zu Frankreich. Seit Juli stellt die "pro-russische" Partei der Regionen den neuen Ministerpräsidenten Viktor Janukowitsch. Dieser Koalition gehören neben der Partei der Regionen auch noch die Sozialisten und die Kommunisten an und sie verfügt im Parlament über eine Mehrheit. Die pro-westliche "Nascha Ukraina" hatte sich unter Führung des Präsidenten Viktor Juschtschenko kurzfristig dieser Regierungskoalition noch angeschlossen und so versucht, Einfluss auf die neue "pro-russische" Regierung zu erlangen. Viktor Juschtschenko hat sich von Anfang an gegen den "russischen" Einfluss der neuen Regierung gewehrt, aber wenig konkrete Resultate erzielt, weshalb nun auch die "Nascha Ukraina" konsequenterweise mit dem Austritt aus der Koalition droht. Ein typisches ukrainisches Pokern um die Macht...


Parteizentrale von "Nascha Ukraina"


Als ich nun heute in der Mittagspause bei meinem neuen Arbeitsort im Podol-Quartier Spazieren gegangen bin, viel mir in der nächsten Parallelstrasse ein sehr schmuckes, frisch renoviertes alte "zaristisches" Haus auf. Als ich dieses schmucke Haus etwas genauer anschaute, musste ich überrascht feststellen, dass es sich um die Parteizentrale der Präsidialpartei "Nascha Ukraina" handelt! Und dies in unmittelbarer Nähe meines Arbeitsortes... Besonders vielen mir auch die vielen grossen dunklen Geländewagen vor dem Gebäude auf - die typischen, standesgemässen Fahrzeuge von "neuen" und mächtigen Ukrainern!

Bewertung von "Mein Kiew Blog"

Das Blog "Krusenstern", welches über Russland und die Ukraine aus schweizer Perspektive berichtet, hat "Mein Kiew Blog" heute mit verschiedensten Kriterien ausführlich bewertet und mir vier Sterne vergeben. Wer sich genauer dafür interessiert, kann auf folgender Website die detaillierte Bewertung meines Blogs nachlesen:
  • "Krusenstern" über "Mein Kiew Blog": Link