Riesenrad im Zoo
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Mit diesem Blog beschrieb ich zwischen Mai 2006 und Juli 2010 mein Leben in der ukrainischen Hauptstadt Kiew sowie meine alltäglichen Erfahrungen, welche ich dort machte.
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A) Bei den genannten Koordinaten verstehe ich beim besten Willen nicht den Zusammenhang zwischen der Ukraine und dem Kaukasus. Der Kaukasus liegt Hunderte von Kilometern von der Südostgrenze der Ukraine entfernt.
B) Die kulturelle Gemeinsamkeit mit Russland über das 1000 Jahre zurück liegende Kiewer Rus und die orthodoxe christliche Kirche verstehe ich ja zum Teil. Aber ich behaupte mal, dass die Ukraine gerade auch wegen dieser Kultur immer noch näher an Europa liegt als z.B. die Türkei, mit der ja die EU über einen möglichen Beitritt verhandelt. Und sind nicht auch die EU-Mitglieder Bulgarien, Rumänien und Griechenland ebenfalls orthodox?
C) Der Satz "Die ukrainische Wirtschaft ist eng mit der russischen verflochten und auf Russlands Rohstoffe und Energieressourcen angewiesen.. " stimmt einfach nicht und entspricht Klischees. Und dies kann ich als jetzt schon mehrjähriger in der Ukraine tätiger Ökonom und Finanzanalyst wirklich sehr kompetent beurteilen. Es sind ganz wenige Branchen, die wirklich abhängig von Russland sind. In der Mehrheit handelt es sich sogar um Firmen, die auf globalisierten Märkten mit russischen Firmen konkurrieren, v.a. in der Metallurgie.
D) Natürlich ist die oligarchische Wirtschaftsstruktur ähnlich wie in Russland. Aber mit einem grossen Unterschied: Keiner der Oligarchen hat eine so grosse Macht, dass er das Land dominieren kann. Und das hat die Konsequenz, dass Kompromisse zwischen den verschiedenen Interessensgruppen gefunden werden müssen. Und dies ist grundlegend anders als in Russland. Ausserdem behaupte ich mal, dass es in allen Ländern Ostmitteleuropas Ad-hoc Parteienlandschaften gibt, denn in 17 Jahren lassen sich nirgends traditionelle Parteien wie in Westeuropa aufbauen. Und wegen der globale Konkurrenz der Firmen der Oligarchen mit Russland hat auch kein Oligarch ein Interesse, ein von Kreml abhängiger Unternehmer zu werden. Diese Tatsache ist grundlegend für das politische Verständnis der Ukraine.
E) Haben die Orangen (sprich das Volk) wirklich nicht die Macht in der Hand? In keinem anderen Land der GUS gibt es so offene (und vor allem so oft) freie Wahlen wie in der Ukraine. Ein sehr europäischer Wert, finde ich. Leider gibt es aber in der Ukraine (wie auch in vielen anderen Ländern) eine sehr machtversessene und egozentrische Elite.
F) Zu den Befürwortern der Integration der Ukraine: Natürlich gibt es diese macht- und wirtschaftspolitischen Überlegungen der USA (Pro) und Deutschland respektive Frankreich (Contra). Wichtiger für mich ist aber was die Ukrainer und ihre Politiker wollen. Auch wenn es für einen NATO-Beitritt (noch) keine Mehrheit gibt (50 Jahre Sowjetpropaganda im Kalten Krieg gehen nicht spurlos vorbei), gibt es für einen EU-Beitritt schon heute eine Mehrheit. Und der Weg in die EU führt nun mal für ein ostmitteleuropäisches Land über die NATO.
G) Die Ukraine ist heute im Niemandsland zwischen der EU und Russland und droht aufgerieben zu werden. Vielleicht schwer für Westeuropäer nachvollziehbar, aber bei diesen Beitritten handelt es sich um eine Überlebensfrage. Will man ein gleichberechtigtes Mitglied in der EU werden oder ein Vasallenstaat Moskaus ohne Rechte sein? Denn Moskau hat die Ukraine noch nie in seiner Geschichte als gleichberechtigt Partner behandelt. Hinterhofspolitik ist da der passende Ausdruck. Weshalb sollte sich das nun ändern? Und Moskau tut auch wirklich alles mit seiner Sowjetrethorik, um die Ukraine in die Arme der EU zu treiben. Jüngste Drohungen, bei einem NATO-Beitritt Nuklearwaffen auf die Ukraine zu richten, Aufkündigung von Freundschaftsabkommen, Anzweifeln der Zugehörigkeit von Sewastopol zur Ukraine und Aufstocken der Schwarzmeerflotte – um nur die letzten Nettigkeiten zu nennen – ist nicht die feine Art, ein Land für sich zu gewinnen. Und wirtschaftlich gesehen ist Russland einfach nicht attraktiv genug.
H) Galizien wird von den Westukrainern mystifiziert, aber noch lange nicht von allen Ukrainern. Dies wird vielleicht auch in Europa so wahrgenommen, weil der aktuelle Präsident aus der Westukraine stammt. Und natürlich muss Galizien als Marketinginstrument auch herhalten, weil es eben historisch schon einmal zu einer Westeuropäischen Grossmacht gehört hat. Man sollte aber dies nicht auf die ganze Ukraine verallgemeinern.
I) Ich stimme 100% überein, dass in Galizien die meisten nicht russifizierten Ukrainer leben.
J) Die westukrarnische Elite hat nur anfänglich mit den Nazis kollaboriert. Nicht verwunderlich, dass nach dem Terror Stalin's jede fremde Macht als Befreier angesehen wurde. Als den Westukrainern aber bewusst wurde, dass die Nazis sie ebenfalls als Untermenschen sehen, haben sie die Nazis erbittert bekämpft. Und Kollaborateure gab es in allen von den Nazis besetzten Ländern – z.B. auch in Frankreich, oder Rumänen haben im Zweiten Weltkrieg Odessa und Sewastopol belagert – um nur ein paar Beispiele zu nennen.
K) Den Satz "Der Name dafür, Holodomor, ähnelt, natürlich kaum zufällig, dem Begriff Holocaust." ist in Anbetracht des Ausmasses der Tragödie zynisch und fast schon niederträchtig. Wikipedia schreibt zur Etymologie des Wortes:
Das Wort Holodomor setzt sich aus den zwei ukrainischen Wörtern "Holod" und "Mor" zusammen. "Holod" ("голод", Russisch Golod) heißt "Hunger", "Mor" ist ein altes ostslawisches Wort und bedeutet "Tod", "Seuche", "Massensterben", in der modernen Sprachen (sowohl Ukrainisch als auch Russisch) bedeutet das "Vertilgung". Holodomor/Golodomor heißt somit wörtlich "Hungerstod". Mit dem Begriff Holocaust besteht kein etymologischer Zusammenhang.
L) Dass die Galizier an der Zerstörung des k.u.k Staates mitgewirkt haben, stimmt ja vielleicht. Aber viel aktiver waren wohl die Tschechen, Ungarn und Slowaken. All diese Länder sind schon in der EU, aber die Westukrainer sollen nun für die Zerstörung des k.u.k Staates verantwortlich gemacht werden? Seltsame Logik...
M) Der Verfasser ist Rumäne. Und bekanntlich gibt es zwischen Rumänien und der Ukraine einige aktuelle Konflikte in der Region des Donaudeltas (Schlangeninsel, Donaukanal, Moldawien) und auch historische Begebenheiten (siehe weiter oben). Gut möglich, dass diese mit ein Grund für die negative Einstellung gegenüber der Ukraine ist.
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