Kaufe lange Haare
In den Strassen von Kiew ist man überraschenderweise nicht so oft direkt mit der Armut konfrontiert. Natürlich sieht man manchmal Bettler, aber wirklich nur sehr selten. In etwa so oft wie in westeuropäischen Grossstädten. Und natürlich sieht man manchmal auch arme, alte Frauen in alten, zerschlissenen Kleidern. Insgesamt habe ich aber, bevor ich nach Kiew gezogen bin, gedacht, dass man in Kiew öfters mit der Armut konfrontiert wird.
Trotzdem muss es viel Armut in Kiew geben, denn das Leben ist für ukrainische Verhältnisse wirklich sehr teuer hier und ich frage mich oft, wie das die Einheimischen überhaupt bezahlen können. Da die Kiewer sehr viel Wert auf ihr Äusseres legen und sich auch mit bescheidenen finanziellen Mittel so gut wie möglich und zum Teil sogar wirklich sehr chic anziehen, ist die Armut auf der Strasse nicht so offensichtlich...
Letztes Wochenende habe ich in einem Kiewer Aussenquartier das nachfolgende Plakat an einer Wand gesehen, welches aber zeigt, dass es durchaus Armut in Kiew gibt, wenn auch versteckt:
Auf dem (auf ukrainisch geschriebenen) Plakat steht sinngemäss in grossen Lettern "Regelmässiger Ankauf: je länger die Haare, desto teurer". Angegeben ist auch noch eine Telefonnummer und die Adresse eines Coiffeurs. Und ein Zettel mit Telefonnumer und Adresse ist schon abgerissen worden...
Somit wissen nun also die Schweizer Leserinnen, von wo die Haare der Echthaar-Perücken und des Echthaarersatzes ihres Coiffeurs kommen. Und dies ist umso trauriger, denn die Ukrainerinnen haben wirklich wunderschöne lange Haare und man sieht hier viel öfters Frauen mit sehr schönen (echten!) langen Haaren als in der Schweiz. Schon irgendwie verrückt das Ganze...