Die Finanzkrise ist auch in der Ukraine angekommen. Und damit meine ich nicht, etwa dass die ukrainische Aktienbörse seit Jahresanfang rund 80% an Wert verloren hat. Denn diese Verluste betreffen fast nur ausländische Investoren und nicht die Bevölkerung hier.
Seit rund zwei Wochen ist das ukrainische Banken- und Finanzsystem in der schwersten Krise seit 1998. Letzte Woche ist die erste grössere Bank ‚ die Prominvest Bank – Konkurs gegangen und vom Staat übernommen worden. 15 weitere Banken mussten bei der Notenbank Notkredite beantragen. Seit anfangs Woche können Sparkonti nicht mehr abgehogeben werden und viele Banken haben tägliche Restriktionen für Barbezüge auf alle Konti, also auch die Sichtkonti, eingeführt. Meine Bank zum Beispiel – die im österreichischen Besitz sich befindende und zweitgrösste Bank des Landes, die Raiffeisen Bank Aval – lässt nur noch tägliche Bezüge im Wert von USD 5’000 von meinem Lohnkonto zu.
Eine 100 Hriwna Banknote
Das grösste Risiko liegt aber nicht im eigentlichen Kollaps des Bankensystems, von dem eigentlich niemand ausgeht, obwohl es sich um die grösste Bankenkrise in der Ukraine seit 1998 handelt. Das Risiko liegt im Moment in der Abwertung der Lokalwährung Hriwna (UAH). Vor einem Monat war der Hriwna-Dollar-Wechselkurs noch 4.85. Aktuell liegt der Wechselkurs bei rund 5.30, also um rund 10% abgewertet. Der Grund für die Abwertung ist die Angst um das riesige, negative Handelsbilanzdefizit. Die Ukraine importiert viel zu viele Konsumgüter aus dem Westen und verkauft zu wenig selbst produzierte Güter. Bisher wurde diese Differenz, eben das Handelsbilanzdefizit, durch ausländische Direktinvestitionen finanziert. Mit der globalen Finanzkrise erwartet man, das einerseits die ukrainischen Exporte – dies sind vor allem Metallprodukte – stark einbrechen, und andererseits die Investitionen aus dem Ausland ausbleiben. Diese nicht finanzierte Lücke würde zwangsläufig zu einer Abwertung der Hriwna führen. Man erwartet bei einem solchen Szenario einen Wechselkurs von 7, also nochmals eine Abwertung von rund 30%. Und eine Abwertung der Hriwna würde zu höheren Preise der importierten Konsumgüter führen, was die jetzt schon hohe Jahreinflation von rund 20% noch mehr anheizen würde. Nun hofft die Ukraine, dass der International Währungsfonds IWF dieses riesige Defizit mit einem Kredit finanziert, um den Zusammenbruch der Lokalwährung zu verhindern. Die Chancen dazu stehen nicht einmal so schlecht.
Für mich im Moment ist das grösste Problem, dass ich mein hier erspartes Geld, welches auf einem Hriwna Konto liegt, da mein Lohn auch in Hriwna ausbezahlt wird, nur in Raten auf ein Dollar-Konto und dann in die Schweiz überweisen kann. Denn im Moment kann ich wie gesagt nur Beträge im Wert von USD 5'000 von einem Konto auf ein anderes überweisen. So gehe ich halt im Moment jeden Tag auf meine Bank um wieder eine Tranche abzuheben...