Verträumtes Czernowitz
Auf unserer Reise in die Südwest-Ukraine haben wir zum Abschluss auch noch Czernowitz (Чернівці) besucht.
Czernowitz hat eine komplett intakte Altstadt mit Häusern vorwiegend aus dem 19. Jahrhundert (Neuklassizismus), aber auch aus dem 18. (Barock) und 20. Jahrhundert (Wiener Secession, Jugendstil, Bauhaus). Die Stadt wirkt deshalb auch absolut europäisch und ist ausserdem durchwegs mit Kopfsteinen gepflastert, was mir aus der Schweiz ja bestens bekannt ist. Czernowitz war auch von 1774 bis 1918 österreichisch und ab 1849 Hauptstadt des österreichischen Kronlandes Herzogtum Bukowina. Diese österreichische Zeit widerspiegelt sich auch stark im Charakter der Altstadt, der stark an Wien erinnert.
Die Altstadt ist dabei vollständig renoviert worden, was mich ehrlich gesagt sehr überrascht hat. Man findet wirklich in der Altstadt kein einziges nicht renoviertes Haus. Ebenfalls sehr europäisch empfand ich die Fussgängezone an der Haupteinkaufsstrasse.
Jede einzelne Strasse ist dabei wunderschön und bildet ein spezielles Ensemble (deshalb auch die vielen Fotos...).
Die Geschichte und die Bevölkerung von Czernowitz ist dabei vielfältig. Eine erste Festung wurde schon im 12. Jahrhundert während der Zeit des Kiewer Rus hier errichtet. Von 1359 bis 1774 gehörten die Stadt und ihre Umgebung zum Fürstentum Moldau (Vorläuferstaat des heutigen Moldawiens).
Anschliessend gehörte die Stadt wie schon erwähnt zu Österreich-Ungarn und aus dieser Zeit stammen fast alle heute noch existierenden Häuser der Altstadt. Vorerst gehörte Czernowitz zum Königreich Galizien und Lodomerien, aber 1849 wurde das Herzogtum Bukowina als eigenes Kronland mit der Landeshauptstadt Czernowitz konstituiert.
1875 wurde vom österreichischen Kaiser Franz-Joseph I. anlässlich der 100-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich eine Universität mit deutscher Unterrichtssprache gegründet, an der aber auch Ukrainer und Studenten aus anderen Nationen studieren konnten. Zu dieser Zeit hatte die Stadt ihre kulturelle Blüte und Ukrainer, Rumänen, Polen, Ruthenen, Juden, Roma und Deutsche lebten in Czernowitz. 1910 stellten die Juden sogar 33% der Bevölkerung.
Nach dem ersten Weltkrieg wurde Czernowitz rumänisch (Cernăuţi). 1940 wurde die Stadt von der Sowjetunion besetzt. Von 1941 bis 1944 gehörte Czernowitz wieder zu Rumänien, von 1944 bis 1991 als Tschernowzi (Черновцы) zur Sowjetunion, und seit 1991 als Tscherniwzi (Чернівці) zur unabhängigen Ukraine. Heutige ist die Bevölkerung fast vollständig ukrainisch geprägt.
Unser Aufenthalt in Czernowitz war leider an einem Feiertag wo fast alle Restaurants und Geschäfte geschlossen waren. Zudem war es wirklich recht kalt (-10 Grad). Als wir nach dem ausgiebigen Stadtrundgang recht durchgefroren waren, hatten wir echt Probleme, ein offenes Restaurant zu finden. Übernachtet haben wir in einem älteren Hotel an der Hauptstrasse kurz nach dem Rathaus. Die Preise waren nach den teuren Karpaten wieder absolut im normalen ukrainischen Rahmen (UAH 300 für ein Doppelzimmer ohne Frühstück).
Die bedeutendste Sehenswürdigkeit von Czernowitz ist die ehemalige Residenz des Metropoliten der Bukowina, ein imposanter Ziegelbau auf dem "Bischofsberg", in dem seit sowjetischer Zeit die Universität von Tscherniwzi untergebracht ist.
Das Universitätsgebäude hat dabei drei grosse Flügel, wobei sich im südlichen Flügel auch eine grosse orthodoxe Kirche befindet.
Das Gebäude wurde 1875 von Czwernowitzer Architekten Josef Hlawka im romanisch-bzzantinischen Stil mit vielen Motiven aus der ukrainischen Kultur erbaut.
Zum Schluss dieses Berichts über Czernowitz noch ein paar Fotos mit Detailansichten dieser absolut interessanten Stadt.