Mittwoch, 26. Juli 2006

Leere Zelte und Fahnen in Kiew

Bekanntlich ist ja die politische Situation in der Ukraine sehr angespannt - man spricht von der grössten politischen Krise seit der "Orangen Revolution" von 2004. Die Situation lässt sich so kurz zusammenfassen:
  • Im März fanden Parlamentwahlen statt
  • Bis anfangs Juli konnten sich die "Orangen" Kräfte um den Präsidenten nicht auf eine neue Regierung einigen.
  • Seit rund drei Wochen gibt es eine neue Mehrheit im Parlament - eine Koalition aus der Partei der Regionen, den Sozialdemokraten und den Kommunisten.
  • Diese Mehrheit im Parlament will nun eine neue Regierung stellen.
  • Der Präsident, der der "Orangen" Partei "Unser Ukraine" angehört, will diese Regierung nicht zulassen und lässt sich nun gemäss der Verfassung zwei Wochen Zeit, diese zu bestätigen.
  • Seit dieser Woche hat der Präsident das Recht, das Parlament aufzulösen.
  • Im Moment ist das Verfasssungsgericht nicht handlungsfähig, da Richter nicht vom Parlament erneuert wurden.
Und dies zeigt sich zum Teil im ganzen normalen Alltagsleben in Kiew. Als meine Frau kürzlich im Mariinsky Park in der Nähe des Parlaments spazieren ging, traf sie auf das Zeltlager der "Partei der Regionen", welche für eine möglichst rasche Einsetzung der neuen Regierung dort demonstrieren.


Zelte der Partei der Regionen vor dem Mariinsky Palast



Zelte der Partei der Regionen vor dem Ukrainischen Parlament



Demonstranten der Partei der Regionen vor dem Ukrainischen Parlament



Und als wir letztes Wochenende im Stadtzentrum auf dem Kreschtschatik Boulevard und dem Maidan spazieren gingen, trafen wir auf die Zelte und Fahnen der Gegenseite, d.h. vom Block Julia Timoschenko (BYuT) und der Protestorganisation Pora. Diese Parteien fordern sofortige Neuwahlen des Parlaments.


Der Maidan mit Fahnen verschiedener Parteien



Der Maidan mit Zelten verschiedener Parteien



Zelte des Blocks Julia Timoschenko


Interessant: In beiden Zeltstädten hatte es mehr Zelte als Demonstranten. Ich hatte den Eindruck, dass die fehlenden Demonstranten durch Fahnen ersetzt wurden. Die Ukrainische, im speziellen die Kiewer Bevölkerung, scheint genug von den ewigen Ränkespielen der Politiker zu haben. Gemäss Umfragen würde denn auch bei einer Neuwahl des Parlaments die Wahlbeteiligung massiv sinken.

Ich habe folgende "Anektote" auf den Strassen von Kiew gehört: Woran merkt man, dass das politische Interesse der Bevölkerung gesunken ist? Ein Demonstrant kostet nicht mehr UAH 100 pro Tag (=CHF 25), sondern nur noch UAH 50 (=CHF 12)! Und dieser Preis gilt für alle Parteien!

Ausserdem: Heute Nachmittag zog ein lautstarker Demontsrationszug von Sozialdemokraten an unserem Haus vorbei. Die Versammlung fand gleich hinter unserem Haus, vor der Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine, statt!

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