Samstag, 17. Oktober 2009

Besichtigung eines Gasfeldes

Vor rund zehn Tagen habe ich zum ersten Mal ein Gasfeld in der Zenrtalukraine (Poltava Region, Полтавська область) besucht, wo mit modernster westlicher Technologie nach Erdgas gebohrt wird.


Totalansicht der modernen westlichen Bohranlage


Vielen Leuten im Westen ist nicht bekannt, dass rund 25% des in der Ukraine verbrauchten Erdgases im Lande selbst produziert wird. Bevor in den 1960-er Jahren in Sibirien grosse Mengen von Erdgas gefunden wurden, wurde in der Ukraine sogar mit Abstand der grösste Teil des sowjetischen Erdgases und Erdöls produziert. Die Ukraine hat zwei grosse Becken mit Erdgas und Erdöl Vorkommen: Das Karpaten Becken im Westen des Landes und das Dnjepr-Donez Becken in der Zentralukraine. Das Karpaten Becken gehört sogar zu den ältesten Erdöl-Fördergebieten der Welt überhaupt und dort wurde auch die erste Raffiniere der Welt gebaut. Die sowjetische und russische Erdöl Industrie ist ohne die Pionierleistung der Ukraine undenkbar und dies ist mit ein Grund, weshalb heute noch fast alle Pipelines nach Europa durch die Ukraine führen.


Detailansicht des westlichen Bohrturmes


Leider ist die heutige Förderung von Erdöl und Erdgas in der Ukraine meist hoffnungslos veraltet. Ich hatte nun zusammen mit Londoner Finanzanalysten die seltene berufliche Gelegenheit, das Gasfeld der einzigen Firma in der Ukraine zu besuchen, die mit modernster westlicher Technologie nach Erdgas bohrt. Da das Feld rund drei bis vier Stunden Busfahrt von Kiew entfernt liegt, trafen wir uns schon um 06:30 Uhr und traffen erst um etwas 10:30 Uhr auf dem Feld ein.


Ich vor dem Erdgas Bohrturm


Es ist schon eindrücklich, inmitten einer sehr ländlichen Gegend der Ukraine modernste westliche Technologie zu sehen. Die beiden Bohrtürme der Firma wurden vor einem Jahr von ihrem Produktionsort in der USA (Texas) in die Ukraine verschifft unf hierher gebracht. Die Bohrtürme bohren in rund 4-6 Monaten bis 6,000 Meter in den Grund hinunter. Herkömmliche lokale Technologie bracht hierzu 12-15 Monate. Die ganze Technologie ist dabei computer- und roboterunterstützt.


Zusammensetzen von zwei Bohrstangen auf der Bohrplattform

Die ganze Bohranlage ist im Gegensatz zu herkömmlicher lokaler Technologie auch viel ökologischer und der Ort der Bohrung wird nach Fertigstellung des Bohrlochs wieder vollständig renaturalisiert. Die Firma arbeitet mit einer italienischen Bohrfirma zusammen, die mehrheit der Arbeiter vor Ort sind aber Ukrainer.


Bohr-Chef in der Kabine mit Touch-Screen Instrumenten


Eindrücklich ist auch zu sehen, wie kapitalintensiv das Bohren nach Erdgas ist. Das Bohren eines einzelnen Erdgas Förderloches kostet zum Beispiel zwischen $16-24 Millionen und ist deshalb recht riskant, da das Förderloch im schlimmsten Fall viel weniger Gas produzieren kann als erwartet.


Neuer Bohrkopf für Gestein im Wert von $80,000


Das Bohren nach Erdöl und Erdgas ist ein relativ komplexer Prozess. Der Bohrkopf ist mit Stangen mit dem Bohrturm verbunden, wobei die ganze Stange mit einem Motor auf dem Bohrturm angetrieben wird. Die Bohstange ist in der Mitte hohl und in diesen Kanal wird mit Hochdruck eine relativ schwere und dicke Bohrflüssigkeit gepresst. Diese tritt unten beim Bohrkopf wieder aus und reisst das abgetragene Material wie Erde, Sand oder Gestein ausserhalb der Bohrstange mit nach oben. Oben wird das Bohrmaterial aufwendig aus der Bohrflüssigkeit wieder ausgeschieden. Bei einem Bohrloch von 6 km Tiefe kann man sich gut vorstellen, was für Kompressoren es bracht um die schwere Bohrflüssigkeit ganz nach unten und wieder nach oben pressen zu können.


Anlage zur Trennung von Bohrflüssigkeit und Borhmaterial


Sehr aufwendig ist das Auswechseln des Bohrkopfes. Dies kann der Fall sein, wenn der Bohrkopf verschlissen ist oder es wegen einer anderen Schicht einen anderen Bohrkopf bracht. Je nach Schicht gibt es spezielle Bohrköpfe für Gestein, Sand oder Erdreich. Hierzu muss das ganze Bohrgestänge aus dem Bohrloch herausgezogen und auseinander genommen werden. Nach dem Aufsetzen des neuen Bohrkopfes muss das ganze Gestänge wieder in das Bohrloch eingesetzt werden. Bei einer Tiefe von 6 km kann dies mehr als einen Tag dauern. Und damit das Bohrloch nicht zusammenbricht, müssen ausserdem noch Stahlröhren in das Bohrloch als Ummantelung zementiert werden.


Ich vor einem fertiggestelltem Förderloch mit Christbaum


Ist ein Bohrloch fertiggestellt, werden zum Abschluss komplizierte Ventile auf dem Förderloch aufgesetzt und das Förderloch wird an die Gasleitungen angeschlossen. Diese Ventile auf dem Förderloch werden dabei als Christbaum bezeichnet. Anschliessend wird der Bohrturm mit der ganzen komplexen Infrastruktur zum nächsten geplanen Loch verschoben. Danch folgen die Produktionstests über mehrere Wochen, da der Gasfluss meist eine gewisse Zeit braucht sich zu stabilisieren.


Modernes Gasverarbeitungswerk


Das Gas, das direkt vom Förderloch kommt, wird als Rohgas bezeichnet und ist nicht das Erdgas, das wir z.B. vom Gasherd her kennen. Das Rohgas muss erst noch in einem Gasverarbeitungswerk gereinigt und aufbereitet werden. Im Rohgas hat es neben Methan verschiedene höherer Kohlenwasserstoffe wie Ethan, Propan, Butan und Ethen und auch das flüssige Gaskondensat, das ähnlich wie Diesel ist. Im Werk werden diese Stoffe getrennt und erst das reine Erdgas darf in die Pipeline eingespiesen werden.


Abfackeln von Überschussgas des Gasverarbeitungswerks


Bei diesem Besuch haben wir auch einen traditionell in der Ukraine verwendeten Bohrtum einer anderen Firma von der Ferne angschaut. Der Unterschied zwischen einem modernen westlichen Bohrtum und diesem ist dabei enorm.


Traditionell in der Ukraine verwendeter Bohrtum

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